Der heilige Johannes vom Kreuz (Statue im Karmelitenkloster Varroville, Australien) und die heilige Teresa von Avila (Peter Paul Rubens).
Der heilige Johannes vom Kreuz (Statue im Karmelitenkloster Varroville, Australien) und die heilige Teresa von Avila (Peter Paul Rubens).
Im 16. Jahrhundert gelang es Teresa von Avila zusammen mit Johannes vom Kreuz einen alten Orden zu seinen Ursprüngen zurückzuführen und ihm gleichzeitig eine neue Gestaltung zu geben. Dieser Orden ist seither als „Teresianischer Karmel“ oder „Unbeschuhte Karmeliten“ bekannt.
der heiligen Teresa
Dein Wille, Herr, geschehe an mir,
wie du es möchtest und
wie es dir beliebt, mein Herr!
Willst du, dass es durch Leiden geschehe,
so gib mir die Kraft dazu;
dann mögen sie kommen!
Willst du, dass es Verfolgungen, Krankheiten,
Ehrverlust und Entbehrungen seien, dann siehe: Hier bin ich!
Gewähre du mir vielmehr die Gnade, mir dein Reich,
das dein Sohn ja für mich erbeten hat, zu schenken,
damit ich deinen Willen erfüllen kann;
und verfüge über mich nach deinem Wohlgefallen
wie über dein Eigentum!
aus dem Weg der Vollkommenheit, Kapitel 32
P. Antonio Sagardoy OCD
ist Bischofsvikar für die Orden
in der Diözese Gurk-Klagenfurt.
Es war Anfang des 13. Jahrhunderts, als sich Albert, Patriarch von Jerusalem, entschloss einer Gruppe von Einsiedlern, die auf dem Berg Karmel in Israel in der Nähe der Elijasquelle lebten eine eigene Lebensordnung zu geben, die ihrer Lebensform entsprechen wollte.
Im Laufe der Zeit wanderten die Einsiedler nach Europa aus, wo sie kirchlich anerkannt wurden – allerdings unter der Bedingung, zu den Bettelmönchen (Mendikanten) zu gehören. Die ursprünglich rein kontemplative Lebensweise öffnete sich auf Apostolatstätigkeit nach außen.
Durch verschiedene Umstände bedingt, erschlaffte diese ursprüngliche Lebendigkeit und Strenge im Karmel mit der Zeit. Doch im 16. Jahrhundert gelang es Teresa von Avila (1515-1582) zusammen mit Johannes vom Kreuz (1542-1591) den Orden zu erneuern, d.h. im Orden die spezielle Ausrichtung des Ursprungs neu zu beleben und ihm eine neue Gestaltung zu geben. Dieser neue Zweig heißt seither Teresianischer Karmel oder Unbeschuhte Karmeliten.
„Teresa entdeckt in der Regel den Rahmen, das Karmelleben als einen Weg in und aus der Freundschaft mit Jesus zu gestalten“, sagt P. Antonio Sagardoy, selbst Mitglied des Theresianischen Karmels und Bischofsvikar für die Orden in der Diözese Gurk-Klagenfurt.
Beim Lesen der Regel fällt die starke Betonung von Bibelzitaten auf. „Der Karmelit ist vom Wort Gottes umfangen“, sagt P. Antonio Sagardoy: „Das Leben aus der Verbindung mit dem Wort Gottes prägt den Tagesablauf des Karmels: Das Wort lesen, kauen, meditieren.
Es soll ja in eurem Herzen und in eurem Mund sein.“ Wer vom Wort Gottes erfüllt und durchdrungen ist, wird es mit Freude weitergeben, das ist der Gedanke, der dem zugrunde liegt.
„Zu weiteren markanten Akzenten der Ordensregel zähle ich außerdem das Gleichgewicht zwischen Sprechen und Schweigen, zwischen persönlichem und gemeinsamem Gebet, zwischen Einsamkeit und Gemeinschaft etwa.“
Auch die Marienverehrung habe im Karmel eine große Bedeutung. „Auch wenn das Wort Maria im Text der Regel nicht vorkommt“, wie P. Sagardoy betont: „Vielleicht haben die Karmeliten, mit der Zeit ein Vorbild gesucht, um mit dem Wort Gottes richtig umzugehen?“
Maria sei ja der Mensch, der das Wort Gottes hört, wie Papst Paul VI. sagte, darüber nachdenkt und sich den Forderungen des Wortes Gottes in den konkreten Lebensverhältnissen ganz zur Verfügung stellt. „Hier sehe ich den Platz von Maria im Karmel: ein Vorbild für den Umgang mit dem Wort, in der Lectio divina, in der Meditation, in der Gestaltung des Lebens, in der Predigt und Verkündigung.“
„Es ist uns Karmeliten wichtig, eine gesunde und gesundmachende Spiritualität zu pflegen und zu bezeugen“, sagt P. Antonio Sagardoy über die Karmelspiritualität: „Eine Spiritualität, die nicht Gebetsübungen multipliziert, sondern uns Wege öffnet zu einem vertrauensvollen Leben mit Gott und aus Gott.
Der Karmelit steht vor der Aufgabe, ein Erfahrener im Gebetsleben und im Umgang mit Gott zu sein.“ Die Zeit vor Gott, also das Gebet, wird ergänzt durch den apostolischen Einsatz für Gott.
Auch wenn im Teresianischen Karmel vorwiegend spirituelle Aufgaben übernommen werden, dürften die Not der Kirche nicht übersehen werden. „Gott wirkt in uns und durch uns.
Die Frage, die vor uns steht, lautet nicht, welche apostolische Dienste wir übernehmen sollen, sondern wie, aus welchem Geist, aus welcher spirituellen Kraft wir diese Dienste übernehmen und erfüllen: Beichthören, Vorträge, geistliche Begleitung, Exerzitien, Schriftenapostolat, Mission, Pfarrtätigkeit.“
Von den Gründern „seines Ordens“, die heilige Teresa und der heilige Johannes vom Kreuz, sei er jeden Tag neu inspiriert, sagt P. Antonio Sagardoy. Was besonders auffalle, sei, dass die beiden das dunkle im Glauben nicht leugnen.
„Der Weg mit Gott besteht nicht nur aus sonnigen Tagen, sondern auch aus sehr dunkeln Momenten – das ist eine Tatsache, die den Karmeliten durchaus bewusst ist. Unsere Mystiker – Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz – berichten von Gottes Erfahrungen in solchen Situationen.
Johannes vom Kreuz bezeugt, dass Dunkelheit im Glauben Befreiung und Heilung bedeuten kann. Er zeigt Hilfen um festzustellen, ob solche Momente eine Therapie sind, die Gott verwendet, um uns zu heilen. Er bestimmt die Dauer und Intensität der Behandlung, nicht wir.“
Teresa ihrerseits, die „18 Jahre Trockenheit im Gebet erlebte“ wie P. Sagardoy betont, „ermutigt uns auf dem Weg des Gebetes nicht aufzugeben, egal welchen Hindernissen wir unterwegs begegnen.
Es ist nicht entscheidend, ob wir das Gefühl der Gottes Nähe haben oder nicht. Entscheidend ist vielmehr die innere Gewissheit, dass Gott uns nahe ist, wenn wir Ihn spüren und wenn wir Ihn nicht spüren.“
Nach dem Charisma der hl. Teresa von Avila richten heute zahlreiche Gemeinschaften ihr Leben. P. Antonio Sagardoy: „Zu unserer Teresianischen Ordensfamilie gehören die Karmelitinnen OCD, die Karmeliten OCD, eine große Anzahl von Kongregationen (in Österreich die Marienschwestern vom Karmel und Karmelitinnen von Herzen Jesu), Säkularinstitute und einige Gemeinschaften des sogenannten Drittordens.“
mit Impulsen
für Laien
Studiert man aufmerksam die Regel des Teresianischen Karmels so erkennt man, dass zahlreiche Hinweise nicht nur für ein Leben hinter Klostermauern nutzbar sind, sondern dass sie für ein christliches Leben im Alltag jedes Einzelnen wertvoll sind:
Ganz klar sage Teresa von Avila, so P. Antonio Sagardoy, dass Gott nicht immer hinter uns oder neben uns gehe. Manchmal gehe er uns voraus.
Dieser Schritt Gottes könne sehr viel Leere, manchmal Orientierungslosigkeit in uns verursachen und es sei deshalb wichtig, dass wir umdenken. Nicht Gott muss sich meinen Wegen anpassen, sondern ich muss mich Gottes Wegen anpassen. Wenn Gott mir voraus geht, zeigt er mir die Richtung: ich muss auf Ihn schauen, auf Ihn hören und verfügbar bleiben für Seine Wege mit mir.“
Explizit werde in den Schriften Teresas außerdem auf die Bedeutung des Alltags hingewiesen, das Leben in der Gegenwart Gottes, sagt P. Antonio Sagardoy: „Wir pflegen den Kontakt mit diesem Gott, der in uns wohnt. Uns ist bewusst, dass eine gesunde Bemühung, Gott nahe zu sein, uns den Menschen nahe bringt.
Der Kernsatz aus der Regel ,Tag und Nacht das Gesetz des Herrn betrachten‘, lese ich heute als den Auftrag: resonanzfähig zu sein für Gottes Wort in Momenten des Gebetes, in der Arbeit und in den Begegnungen des Alltags. Auch zwischen den Kochtöpfen ist der Herr, schreibt Teresa.“
„Wir sehen die wachsende Sehnsucht der Menschen nach Glauben und nach Gott. Die Karmelspiritualität öffnet Wege, Gott persönlich zu erfahren“, so P. Antonio Sagardoy außerdem: „Wer in der Überzeugung lebt, dass Gott in seinem Inneren gegenwärtig und am Werk ist, wird in einer Haltung der Anbetung, der Dankbarkeit und des grenzenlosen Vertrauens seinen Alltag gestalten.“
DIE „GRÜNDERIN“
Hl. Teresa von Avila
Teresa ist eine Frau ihrer Zeit, mit den Fragezeichen, den Hoffnungen und den Mängeln ihrer Zeit. Geboren am 28. März 1515, gestorben am 4. Oktober 1582, in jener Nacht in der die Kalenderreform stattgefunden hat, deswegen feiern wir sie am 15. Oktober.
An der Hand Gottes weiß sie sich sicher, auch inmitten einer frauenfeindlichen Umgebung. Zu den tiefen Erfahrungen Teresas gehört die Überzeugung, dass Gott uns Menschen mit anderen Augen sieht als die Herren der Inquisition und der Kirche.
Die Kirche mit ihren Nöten, mit ihren Problemen, die Kirche mit der Notwendigkeit der Erneuerung wird das Anliegen des Gebetes und der Mystik von Teresa bleiben.
„Im Anbetracht der Situation der Kirche entschloss ich mich, dies wenige zu tun, was in meiner Hand war“, schreibt sie. Ihre Solidarität mit der Kirche besteht nicht nur in Worten, sondern vielmehr in der konkreten Bereitschaft, dieser Kirche zu dienen.
Sie überdenkt die Möglichkeiten, die ihr offenstehen und fängt sofort bei sich selber an. Das Vorbild Teresas und ihre Liebe zur Kirche haben die Karmelspiritualität geprägt: Sie bekennt in ihrer Autobiographie, dass alle erdenklichen Offenbarungen, und sollten sie auch den Himmel offen sehen, nicht hinreichten, sie von einem einzigen Punkt abzubringen, den die Kirche lehrt. (L 25,11)
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