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18.10.2017 · Glaube · Orden

Caritas Socialis - Ein neuer Typ von Gemeinschaft

1919: Hildegard Burjan mit christlich-sozialen Abgeordneten des Parlaments.

Wie die von Hildegard Burjan in Wien gegründete Schwesterngemeinschaft auf die Zeichen der Zeit reagiert. Sr. Karin Weiler CS über den Geist der sogenannten „Bestimmungen“ der Caritas Socialis.

 

Gebet

der seligen Hildegard

 

Aus Liebe zu dir, Herr Jesus Christus,

und im Vertrauen auf deine Gnade

weihe ich mich heute

als Schwester der Caritas Socialis

deinem Dienst für meine Mitmenschen.


Ich erkenne diese Arbeit als deine Aufgabe,

die du mir aufgetragen hast,

und danke dir aus tiefstem Herzen dafür,

dass du deine Liebe durch mich mitteilen willst.

 

Ich nehme mir vor, meine Sendung ganz

in deinem Geiste und nach dem Vorbild

deiner Heiligen zu erfüllen.


In der Gemeinschaft Caritas Socialis

weihe ich mein Leben Gott

und den Menschen

und verspreche, nach dem Evangelium

in Armut, Keuschheit und Gehorsam zu leben,

wie es in den Bestimmungen der Gemeinschaft

Caritas Socialis ausgedrückt ist.

 

In ungeteilter Hingabe will ich nur deine Ehre suchen,

vor keiner Schwierigkeit und Mühe zurückweichen,

mich durch keinen Misserfolg erschüttern

und durch keinen Erfolg von dir entfernen lassen.


Ich nehme mir vor, stets nach Ruhe und Gleichmut,

Demut und Geduld, Treue und Beharrlichkeit zu streben.


Segne meinen Vorsatz, Herr Jesus Christus,

und präge ihn tief in mein Herz ein.

Nimm mich immer mehr in deine Liebe hinein u

nd erfülle mich mit deinem Heiligen Geist.

Amen.

Weihegebet der seligen Hildegard Burjan


 

Mag. Sr. Karin Weiler CS, Theologin, Supervisorin, Leitung Werte, Sozial Pastorale Dienste, Ehrenamt in der Caritas Socialis, Referentin für Hospiz und Palliative Care im Wiener „Kardinal König Haus“.

 

Im engsten Wortsinn ist die Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis (CS) kein Orden, wenngleich sich die Schwestern als Gemeinschaft apostolischen Lebens zur Familie der Orden zugehörig fühlen.

 

„Es gibt also keine Ordensregeln, sondern Bestimmungen, keine Profess, sondern Lebensweihe, kein Noviziat, sondern Ausbildung und Probezeit“, sagt Sr. Karin Weiler.


„Unsere Gemeinschaft, die Caritas Socialis, wurde 1919 von Hildegard Burjan gegründet, also vor knapp 100 Jahren.

 

Interessant ist die Geschichte unserer Gemeinschaft und damit auch die Geschichte unserer Bestimmungen“, betont Sr. Karin: „Hildegard Burjan hatte die Idee einer ganz neuen Gemeinschaft von Frauen in der Kirche, ein ,Hilfstrupp Gottes’, wie sie genannt wurde. Für die Form von Gemeinschaft, die ihr vorschwebte, fehlten damals noch die kirchenrechtlichen Voraussetzungen.“

 

Burjan versammelte sozial tätige Frauen um sich und veranstaltete Exerzitien für sie. Das erste Motto, das sie über den Entwurf einer Gemeinschaftsordnung schrieb, war daher „Ruhet ein wenig aus“.

 

Weiler: „Ihr Anliegen war es, dass sozial engagierte Frauen aus dem Glauben Kraft schöpfen konnten für ihre Tätigkeit bei den Ärmsten der Gesellschaft und zurückfinden zur Ruhe mit Gott und in Gott.“

 

„Nicht Fisch und nicht Fleisch“?

Burjan begab sich zunächst mit den Frauen, die sich ihr anschlossen, auf die Suche nach einer geeigneten Form. Die Vortragsmitschriften des „Caritasjahres“ von 1924 geben davon Zeugnis.

 

Sr. Karin: „Geplant war damals außer dem Kreis der internen Schwestern auch eine Gruppe externer Mitglieder. Eine Idee, die sich kirchenrechtlich erst nach dem zweiten Vatikanischen Konzil in der Form des Säkularkreises der Caritas Socialis und seit einigen Jahren mit den Externen Mitgliedern (männlich und weiblich) der CS in Brasilien umsetzen ließ.“

 

„Für die junge Gemeinschaft kam der Tod Hildegard Burjans 1933 viel zu früh. Vieles war noch nicht geklärt“, betont Weiler. Die Gemeinschaft musste sich den Vorwurf gefallen lassen, sie sei „nicht Fleisch und nicht Fisch“.


Bei der Errichtung als Gemeinschaft päpstlichen Rechts 1960 fanden viele klösterliche Formen und Formulierungen Eingang in die Grundtexte der Caritas Socialis.

 

Weiler: „Der Aufruf zur zeitgemäßen Erneuerung des Ordenslebens durch das zweite Vatikanische Konzil wurde von Generalleiterin Sr. Elia Niklas CS aufgegriffen und führte zum Studium der Quellen aus der Zeit Hildegard Burjans und zur Neuausarbeitung der Bestimmungen unter Einbeziehung aller Schwestern.“


Sr. Karin: „Hildegard Burjan hatte die Idee der Verbindung von sozialer Tätigkeit und inniger Beziehung zu Gott (Martha und Maria sein) und von sehr freien die Einzelne auf ihrem Weg fördernden Formen.“

 

So schrieb Hildegard Burjan: „Ob es möglich ist, Martha und Maria zugleich zu sein? Ganz sicher und es ist das große Ideal, das wir versuchen wollen in der CS zu erreichen.“


Wach für die Nöte der Zeit

„Mich fasziniert an Hildegard Burjan, dass sie in ihrem Denken ihrer Zeit so weit voraus war. Das reicht von ihrem Verständnis von sozialer Arbeit, vom Fair Trade-Gedanken, den sie formulierte, indem sie reiche Frauen aufforderte nur bei Kaufleuten zu kaufen, bei denen sie wüssten, dass die Waren unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt würden, zu ihrem politischen Gespür, zur Weite ihres Gemeinschaftsverständnisses und ihrer Spiritualität“, betont Sr. Karin.

 

Die Kernaussagen der „Bestimmungen“ lassen sich mit Weiler so auf den Punkt bringen: „Die Liebe Gottes (Caritas) durch den sozialen Dienst (Socialis) verkünden.

 

Wir leben aus der Liebe Gottes (Caritas) und machen diese in der Gesellschaft (Socialis) erfahrbar.“

 

Die Caritas Socialis ist „auch heute wach für die Nöte und sozialen Fragen unserer Zeit“, unterstreicht Weiler: „War es damals die Not etwa der Heimarbeiterinnen, so sind es heute beispielsweise die Teilhabe von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in der Gesellschaft, die Sorge um eine gute Pflege und Betreuung bis zuletzt und die Umsetzung des Hospizgedankens, aber auch die Hilfe für alleinerziehende Mütter.“


Am nächsten verbunden weiß sich die Caritas Socialis mit den ignatianischen Gemeinschaften. „Wir sind ignatianisch inspiriert“, sagt Sr. Karin: „Hildegard Burjan wurde wesentlich von Jesuiten geprägt und auch die Geschichte unserer Entwicklung wurde wesentlich von Jesuiten begleitet, was sich stark in unseren Bestimmungen auswirkt.“

erstellt von: Der SONNTAG / Stefan Kronthaler
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Weitere Informationen:
Die ORDENS-REGEL

mit Impulsen
für Laien

 

Martha und Maria zugleich

Im Lukasevangelium (10. Kapitel, Verse 38 bis 42) findet sich die Erzählung über Martha und Maria. Maria ist die auf Jesus Hörende, Martha ist die Arbeitende.

 

Diese beiden Dimensionen, Frömmigkeit und Soziales, finden sich in der Caritas Socialis unter dem Motto „Martha und Maria zugleich“. Praktische Impulse aus den „Bestimmungen“ der Caritas Socialis.

 

  • „Von Gott persönlich gerufen, finden wir unseren Platz in der Caritas Socialis und versuchen, ihn nach seinem Willen auszufüllen.

Wenn wir von der Kraft seiner Liebe erfasst sind, drängt sie uns über unsere eigenen engen Grenzen hinaus zu immer neuem Dienen in der Kirche und an der Menschheit.

 

Caritas Socialis soll im eigenen Inneren zur Entfaltung kommen. Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft, sich nach dem Lebensprinzip gesamtmenschlich formen zu lassen und sich selbst danach auszurichten. Dann sind wir auf dem Weg, wirklich Caritas Socialis zu leben und nicht nur zu heißen.

 

Diese Entwicklung ist niemals abgeschlossen; es bleibt uns aufgegeben, stets neu vom Leben zu lernen und unsere Tätigkeit aus immer tieferer Einheit mit Christus zu gestalten. In unserem Streben nach voller menschlicher und christlicher Entfaltung und nach Treue zu unserer Berufung sind wir getragen von der Hoffnung, dass die Gnade das begonnene Werk in uns vollenden wird.“

 

  • „Es gehört zur Eigenart unserer Gemeinschaft, dass sie durch ihre freien Formen einen zeitgemäßen sozialen Dienst ermöglicht.

Darum verlangt sie von ihren Mitgliedern, im Geist sozialer Liebe mitten im Leben zu stehen und die komplizierte Not der Menschen zu erfassen.

 

Tragendes Fundament einer solchen äußeren und inneren Freiheit, Aufgeschlossenheit und Weite ist eine umso tiefere Verankerung in Gott. Nur in seiner Liebe wird es uns möglich, uns wie Christus ganz für Schwache, Notleidende und von der menschlichen Gesellschaft Benachteiligte einzusetzen und zur Gemeinschaft der Menschen mit Gott und untereinander beizutragen.“

 

DIE GRÜNDERIN

 

Frömmigkeit und Soziales

Hildegard Burjan, die Gründerin der Caritas Socialis, wurde am 30. Jänner 1883 in Görlitz an der Neiße geboren.

 

In der Schweiz studierte sie Philosophie. 1907 heiratete Hildegard Alexander Burjan. Nach schwerer Krankheit und fast wunderbarer Genesung konvertierte sie zum katholischen Glauben.

 

Ihr neu geschenktes Leben wollte sie ganz für Gott und die Menschen einsetzen. Unter Lebensgefahr brachte Hildegard Burjan, die mit ihrem Mann nach Wien übersiedelt war, ihre einzige Tochter Elisabeth zur Welt.


Das Elend unter den Arbeiterfamilien veranlassten Burjan zu ihren ersten sozialen Tätigkeiten. In Wien setzte sie sich vor allem gegen Kinderarbeit und für die Rechte der Frauen ein.

 

1912 gründete sie den „Verein christlicher Heimarbeiterinnen“ und fasste 1918 im Verein „Soziale Hilfe“ alle Arbeiterinnenverbände zusammen.

 

Auf Grund ihrer hervorragenden sozialen Fähigkeiten war Burjan von 1918 bis 1920 als Politikerin tätig. Sie wurde zuerst in den Wiener Gemeinderat berufen, später wählte man sie als erste christlich-soziale Abgeordnete in die Österreichische Nationalversammlung.


Am 4. Oktober 1919 gründete sie die apostolische Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis. Hildegard Burjan starb am 11. Juni 1933, sie wurde am 29. Jänner 2012 im Stephansdom seliggesprochen.
 

 


weitere Artikel zur Kraft der Ordensregeln

 


 

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Der SONNTAG
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E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at

 

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Grünwidl: Kirche und Medien teilen Verantwortung für Wahrheit

Kirche und Medien tragen gemeinsam Verantwortung für Wahrheit, betonte der designierte Wiener Erzbischof Josef Grünwidl bei der Adventbegegnung mit ORF-Mitarbeitern.

Bürgermeister Ludwig: Bibelerzählung von Sturm am See „Anleitung für Politiker“

Herausforderungen mit kühlem Kopf zu meistern und die Nerven nicht wegzuschmeißen, könne man von der Bibel lernen, so der Wiener Bürgermeister bei der „Nacht der Stille“ im Stephansdom.

Votivkirche: Palästina-Banner entfernt

Spezialkletterer entfernten palästinensische Fahnen von den Türmen der Votivkirche in Wien. Die Erzdiözese prüft rechtliche Schritte.

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