"In der letzten Woche wird es darum gehen, alles Gehörte zu bündeln. Bitte begleiten Sie uns dabei mit Ihrem Gebet", so Jugendbischof Turnovszky.
"In der letzten Woche wird es darum gehen, alles Gehörte zu bündeln. Bitte begleiten Sie uns dabei mit Ihrem Gebet", so Jugendbischof Turnovszky.
Missbrauch, Hass im Netz, Ökologie: Bei der Jugendsynode nutzte Jugend-Bischof Stephan Turnovszky die Möglichkeit der Rede und sprach sich für mehr „Glaubwürdigkeit“ aus.
Liebe Leserin, lieber Leser!
Vergangene Woche hatte ich zwei Redebeiträge in der großen Synodenaula vor allen Versammelten: Meine Wortmeldung zum Papier der Jugendsynode und eine Kurzpredigt beim morgendlichen Gebet. Bei ersterem war Papst Franziskus anwesend. Es war für mich aufregend. Ich habe noch nie vor dem Papst eine Ansprache gehalten. Aber wenn man Dinge zum ersten Mal tut, wächst man ja bekanntlich.
Ich habe über das Thema der Glaubwürdigkeit der Kirche bei jungen Menschen gesprochen. Sie wünschen sich eine Kirche, in der die Taten und die Lehre übereinstimmen, sie wünschen sich eine Kirche, die sich in manchem deutlich von der übrigen Gesellschaft unterscheidet, und sind enttäuscht, wenn es in der Kirche genauso zugeht wie sonst in der Welt.
Die Wortmeldungen der Teilnehmer sind sehr unterschiedlich, je nachdem woher die Sprecher kommen. Afrikaner sprechen vor allem über Armut und Bildung, Südamerikaner viel über Sekten, aus dem Nahen Osten und Pakistan hört man über die Nöte einer christlichen Minderheit, sonst aus Asien viel Zuversicht, aus vielen Ländern aber über Schwierigkeiten mit der Weitergabe des Glaubens an die Jugend.
Migration, Internet, Sexualmoral, „Frauen in der Kirche“, die Bedeutung der persönlichen Christusbeziehung kommt durch die meisten zur Sprache. Die jugendlichen Hörer und Hörerinnen bei der Synode betonen, dass es jungen Menschen wichtig ist, in der Kirche mit ihren Anliegen Gehör zu finden und sie mitgestalten zu können.
In der letzten Woche wird es darum gehen, alles Gehörte zu bündeln. Bitte begleiten Sie uns dabei mit Ihrem Gebet.
Mit lieben Grüßen aus Rom!
+ Stephan Turnovszky
"Kathpress" dokumentiert den Redebeitrag ("Intervento") von Stephan Turnovszky im Folgenden im Wortlaut:
In den Nummern 138 und 139 (des Instrumentum Laboris) ist von einer neuen Form von Kirche die Rede, die vor allem eines sein soll: glaubhaft. Jugend erwartet von der Kirche in erster Linie Glaubhaftigkeit: das heißt größtmögliche Übereinstimmung von Handeln und Lehre. Das erreichen wir durch Umkehr. So werden wir als Kirche durch Dienst zum Segen für die Welt.
Das erinnert mich an die Belehrung der Jünger durch Jesus: Mt 20, 25ff: "Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein."
Junge Menschen fühlen sich oft von der Kirche abgestoßen, weil sie empfinden, dass sie nicht besser ist als die übrige sie umgebende Welt. Sie vermissen das Heilige und Besondere in der Kirche, das Wahre, Gute und Schöne, für das sie sich gerne einsetzen würden, den Mehrwert für die Gesellschaft. Dafür wären sie gerne bereit, "vom Sofa aufzustehen" (Papst Franziskus).
Ich möchte nun beispielhaft drei Bereiche nennen, von denen ich meine, dass sie jungen Menschen besonders wichtig sind, und in denen wir als Kirche noch deutlicher der Gesellschaft dienstbar sein können, besonders wenn wir junge Menschen beteiligen:
Bei euch soll es nicht so sein! Und doch ist es auch bei uns so. Das ist beschämend, aber auch eine Chance: Wir können mit einer ehrlichen und sauberen Aufarbeitung der Welt einen Dienst erweisen: Ergreifen wir als Kirche die Chance, beim Thema Missbrauch zu Vorreitern für die ganze Gesellschaft zu werden. Wir wollen das Thema nicht irgendwie erledigen, sondern mit Exzellenz! Dazu wird Schmerzhaftes nötig sein: sich dem Thema ehrlich stellen, Schuld öffentlich eingestehen, Strukturen ehrlich hinterfragen und verändern, wenn sie Missbrauch begünstigen. Es geht nicht nur um sexuellen Missbrauch, sondern um tiefsitzenden Machtmissbrauch in der Kirche, der Menschen unfrei und klein macht. Involvieren wir junge Menschen, um das grundlegend zu verändern und so letztlich weit über die Kirche hinaus Gesellschaft segensreich zu gestalten, ihr zu dienen!
Das Internet hat bekannter Weise seine dunklen und hässlichen Seiten. Eine davon ist Hass im Netz. Das gibt es erschreckenderweise auch auf katholischen Seiten: Was in katholischen Foren an Vorwürfen, Unterstellungen und Verdächtigungen zu lesen ist, unterscheidet sich zu wenig von dem, was man außerhalb der Kirche zu lesen bekommt. "Bei euch soll es nicht so sein!" Ich schlage vor, dass wir junge Menschen bei der Formulierung ethischer Mindeststandards für katholische Internetseiten involvieren. Zum Beispiel wäre es doch möglich, die Verwendung von Nicknames auf katholischen Websites als unerwünscht zu deklarieren: Wer auf katholischen Seiten etwas schreibt, soll namentlich dazu stehen und sich zeigen. Das wäre eine Entwicklung zum Vorteil für die ganze Gesellschaft. Gestalten wir mit jungen Menschen die digitale Welt ethisch und ästhetisch!
In der ganzen Welt ist Umweltschutz ein Thema, und doch ringt sich die Politik kaum zu wirksamen Maßnahmen durch - weil Geld die Welt regiert. "Bei euch soll es nicht so sein!" Involvieren wir vermehrt junge Menschen, um die Kirche auch in diesem Bereich zu einer Vorreiterin zu machen. Sie hat da noch großen Aufholbedarf. Der Anschluss an die Gesellschaft ist Gott sei Dank durch die Enzyklika "Laudato si'" gelungen, aber noch assoziiert man Ökologie nicht mit "Katholischer Kirche". Das soll sich ändern, weil der Dienst an den nächsten Generationen in erster Linie darin besteht, ihr ein intaktes Haus zu hinterlassen. Lassen wir junge Menschen Kirche ökologisch gestalten, sowohl in den Pfarren, als auch eine Synode betreffend, wie es ja bereits von einem jungen Auditor angeregt wurde.
Soweit meine drei kleinen Vorschläge, um die Glaubwürdigkeit der Kirche durch die Beteiligung junger Menschen zu erhöhen. Ich möchte abschließend betonen, dass es mir nicht um ein horizontales Verständnis von Kirche geht. All das Genannte werden wir nur erreichen können, wenn wir nicht dem Geist der Welt, sondern dem Geist Jesu Christi - besonders durch die Feier der Sakramente - verbunden sind: Das ist der Kern aller Glaubwürdigkeit.