Gebetsabend "Let’s make it real": Gemeinsames Beten für die Erzdiözese Wien.
Gebetsabend "Let’s make it real": Gemeinsames Beten für die Erzdiözese Wien.
Ian Nicholson von der "24/7 Prayer"-Bewegung erzählt im SONNTAG-Interview, wie er betet, und macht Mut, den eigenen Weg zu finden.
Es gibt beim Beten kein Richtig oder Falsch, sagt Ian Nicholson. Er ist Leiter der "24/7 Prayer"-Bewegung in Europa und wird einen Impulsvortrag am 21. Juni beim Gebetsabend "Let's make it real" in Wien halten.
Wie beschreiben Sie "24/7 Prayer"?
Ian Nicholson: Es begann alles mit einer Gruppe junger Menschen, die von der Herrnhuter Brüdergemeine in Deutschland inspiriert war. Diese betete als Gemeinschaft 128 Jahre ununterbrochen. Und die jungen Leute entschlossen sich, es der Gemeinschaft nachzumachen. Anfangs nur für einen Monat, dann drei Monate lang. Der Heilige Geist verbreitete diese Vision auf die ganze Welt. Heute gibt es Zehntausende Gebetsräume der verschiedenen Konfessionen in über 130 Ländern. Keiner plante eine weltweite Bewegung, aber Gott hat offenbar Gefallen daran gefunden, dass Menschen 24 Stunden, 7 Tage lang beten.
Wie sind Sie zum Glauben gekommen, wie fanden Sie den Weg zu Jesus?
Ich war 17 Jahre alt, in meinem letzten Schuljahr, als ich Christ wurde. Der Leiter der christlichen Gruppe sagte: „Du bist der letzte, von dem ich je gedacht habe, dass du am Christentum interessiert bist.“ Bis zu diesem Zeitpunkt war ich vielleicht fünfmal in meinem Leben in der Kirche. Als Teenager war ich mehr von Alkohol, Mädchen und Sport begeistert. Eines Tages hatte ich plötzlich eine sehr heftige Begegnung in der Schulklasse. Ich kniete nieder und betete: "Jesus, wenn du real bist, dann zeige dich und ich werde dir folgen." Sofort war ich von einem unglaublichen Frieden erfüllt und das war der Beginn einer lebenslangen aufregenden Entdeckungsreise. Ich ging fortan zur Kirche, erhielt Bibelunterricht und begann langsam den Glauben zu begreifen.
Wie können wir lernen zu beten?
Am besten du bittest den Heiligen Geist, dass er dir dabei hilft und er wird es tun. Für viele Menschen sind fixe Gebetsformen sehr hilfreich, ich hingegen verwende sie nicht so oft. Es gibt mir Trost, dass verschiedene Persönlichkeiten auf unterschiedliche Arten beten. Zu Beginn meines christlichen Lebens hatte ich Schwierigkeiten mit den standardisierten Formen des Gebets: in der Früh aufstehen und eine Liste von Gebeten sprechen. Ich mühte mich wirklich ab, das weiterhin durchzuhalten. Bis mir eines Tages jemand sagte, dass die meisten dieser Bücher, die ich über Gebet gelesen habe, von introvertierten Menschen geschrieben wurden, die oft sehr diszipliniert sind.
Dieser Hinweis half mir, andere Wege des Betens für mich zu entdecken. Ich gehe heute auf die Hügeln meiner Umgebung und bete dort. Auch wenn ich im Café sitze, spreche ich ein Gebet. Nach wie vor bete ich allein in der Früh als Vorbereitung für den Tag, im Laufe des Tages kommt das Gebet in der Gemeinschaft dazu. Auch mein Körper kommt öfters beim Beten zum Einsatz: Bei Lobpreismusik kommt es schon vor, dass ich meine Arme in die Höhe reiße oder hochspringe. Wir können unser Gebet auch in anderen Formen ausdrücken: etwa im Schreiben, Zeichnen oder Malen.
Was antworten Sie, wenn Sie jemand fragt: „Warum erhört Gott das Gebet von anderen, aber nicht von mir?“
Die einfache Antwort ist: Das Leben an sich und das Leben mit Gott ist ein Mysterium. Dinge funktionieren nicht so, wie wir es vorstellen. Wir benötigen eine Theologie des Heilens und der Wunder. Und wir müssen den Glauben für Gottes Eingreifen in die Welt, um Wunder zu bewirken, haben. Zusätzlich braucht es eine Theologie des Lebens für das Durchhalten von kritischen Situationen. Wir haben nicht den Himmel auf Erden. Das Reich Gottes ist nicht vollendet, bis Jesus zurückkehrt. Wir leben in dieser Spannung: Zu manchen Zeiten bewirkt Gott Wunder, in anderen Zeiten drücken wir unsere Liebe zu ihm durch unsere schwierigen Erfahrungen aus.
Was verstehen Sie unter dem Begriff „Mission“?
Mission bedeutet ursprünglich, dass wir gesendet sind, um hinauszugehen. Als Gottes Volk gehen wir hinaus, um seine Präsenz zu dunklen Orten zu bringen, zu Orten, wo Ungerechtigkeit herrscht, zu Orten, wo Menschen seine Liebe kennen lernen und das Evangelium verstehen müssen. Im Römerbrief (10,15) steht: „Wie willkommen sind die Füße der Freudenboten, die Gutes verkünden!“ Mission ist mehr als die Verkündigung des Evangeliums, sondern Mission heißt, das Evangelium zu leben. Wenn sie unsere guten Werke sehen, werden sie neugierig auf das sein, was wir glauben, und das Evangelium verbreitet sich. Jede kirchliche Tradition hat ein missionarisches Element und Gebet schafft eine Sehnsucht nach Gottes Gegenwart.
Viele Menschen sind auf der Suche nach dem Sinn in ihrem Leben. Kann ihnen Religion dabei helfen?
In vielen Teilen Europas sind Menschen misstrauisch gegenüber Religion. Sie sehen es als eine Sache der Vergangenheit, die nicht mehr länger notwendig und einfach langweilig ist. Unsere Aufgabe ist es, nicht Religion zu ihnen zu bringen, sondern ihnen zu helfen, die Botschaft von Jesus zu verstehen und eine persönliche Beziehung mit Jesus aufzubauen. Und ihnen zu vermitteln, dass diese die aufregendste und bedeutendste Entdeckung im Leben sein kann.
Welche Rolle spielt der Heilige Geist in Ihrem Leben?
Es ist wichtig, dass wir als Christen eine freudige Erwartung haben, dass wir vom Heiligen Geist erfüllt und geleitet werden. Er ist lebendig, er führt uns zur Wahrheit, er macht uns sicher, er kommt in unser Herz. Unser Glauben ist nicht nur einer des Kopfes, sondern vorwiegend einer des Herzen. Der Heilige Geist bringt das Gespür für die Gegenwart Gottes Tag für Tag. Sicherlich, als ich erstmals Jesus begegnete, hatte ich eine Erfahrung mit dem Heiligen Geist. Aber zwei oder drei Jahre später machte ich eine viel mächtigere Erfahrung. Der Heilige Geist verwandelte mich. Ich bin jetzt mehr als 40 Jahre Christ, aber was meinen Glauben lebendig hält, ist der Umstand, dass ich laufend vom Heiligen Geist erfüllt werde. Für Menschen, die diese Gotteserfahrungen machen dürfen, verändert dies ihren Glauben. Jesus sagt, wer an ihn glaubt, „aus seinem Inneren werden Ströme vom lebendigen Wasser fließen“ (Johannes 7,38).
Was bedeutet es, Jünger Jesu zu sein?
Ein Jünger ist ein Lernender. Er nimmt die Worte Jesu und die Führung durch den Heiligen Geist ernst. Jüngerschaft bedeutet, etwas hinter sich zu lassen und mehr für Jesus als für unsereins zu leben. Unsere erste Pflicht ist es, ihm zu folgen und sich auf die Suche nach seinem Willen für unser Leben zu machen. Jesus sagte niemals, dass wir Kirchen bauen oder Konvertiten hervorbringen sollen. Sondern das primäre Gebot unseres Lebens ist, Menschen zu Jünger Jesu zu machen. Für mich ist es gerade aufregend zu beobachten, dass Kirche gerade beginnt, ein wenig ernster zu nehmen, dass es nicht reicht, am Sonntag in den Gottesdienst zu gehen und an den kirchlichen Traditionen teilzunehmen, sondern zu lernen, was es heißt, Jünger zu sein und danach auch zu leben.
Worin besteht die Herausforderung, Menschen zu Jüngern Jesu zu machen?
Die Beziehung einer einzelnen Person zu Gott dürfen wir nicht als Aus-Ein-Erfahrung sehen, sondern es ist eine lebenslange Reise. Wir werden nicht Jünger, weil Gott jetzt zu mir sagt, ich mache dich jetzt dazu. Nein, wir werden zu Jüngern, weil wir Teil von Gemeinschaften sind. Wir haben Freunde in unseren Gemeinschaften, die uns im Glauben ermutigen. Menschen zu Jüngern zu machen heißt, gemeinsam mit ihnen durch gute und schlechten Zeiten zu gehen. Wenn sie gut unterwegs sind, ist das großartig. Wenn sie straucheln, dann sind wir für sie da und helfen ihnen, im Kontakt mit Gott zu bleiben. Es ist wichtig, nicht zu richten, sondern ihnen die bedingungslose Liebe Gottes zu zeigen.
Wo: Pfarre St. Florian, Wiedner Hauptstraße 97, 1050 Wien
Programm:
Der Eintritt für die Veranstaltung ist frei!