Phil Williams: „Selbst das größte Schiff kann auf einen neuen Kurs gesteuert werden.“
Phil Williams: „Selbst das größte Schiff kann auf einen neuen Kurs gesteuert werden.“
Phil Williams, Priester der Anglikanischen Kirche, hat jahrelange Erfahrung mit der Gründung von neuen Gemeinden. Wie kann Mission gelingen? Er hat eine klare Antwort darauf: durch Gebet und Lobpreis.
Seit einigen Jahren besteht ein reger Erfahrungsaustausch zwischen der Kirche von England und unserer Erzdiözese Wien. Vor kurzem war der anglikanische Priester Phil Williams beim diözesanen Gebetsabend „Let’s make it real“ in Wien zu Gast und sprach über die Neugründung und Erneuerung von Kirchengemeinden.
Wir wollten von ihm bei seinem Besuch erfahren, wie er von außen die Entwicklung unserer Diözese wahrnimmt.
Phil Williams’ Antwort: „Ich freue mich zu hören, dass neue Initiativen in der Erzdiözese Wien gestartet wurden. Sie werden in einigen Jahren Früchte tragen, da bin ich ich sehr zuversichtlich. Ich bin so dankbar, dass wir von der Kirche von England Partner der katholischen Kirche in Österreich sind und sehen, dass das Gottes Reich immer größer wird.
Wir können voneinander viel lernen für die Arbeit innerhalb unserer unterschiedlichen Institutionen und spüren, dass der Heilige Geist uns auf neue Wege bringt, um neues Leben in unsere Kirchen zu bringen.“
Wie kann eine alte etablierte Kirche beginnen, neue Gemeinden zu gründen?
Ein großes Schiff braucht länger, um zu wenden. Aber selbst das größte Schiff kann auf einen neuen Kurs gesteuert werden, auch wenn wir merken, dass es dafür Zeit braucht. In der Kirche von England haben wir erkannt, dass wir missionarisch sein, neue Kirchengemeinden gründen und neue Initiativen starten müssen.
Wir erneuern Teile unserer Kirche. Das führt zu vielen Herausforderungen und Spannungen in der Arbeit innerhalb unserer Institutionen. Aber wir können auf eine Fülle an Ressourcen, die Gott uns gegeben hat, zurückgreifen.
Sie waren in London Kurat an der Holy Trinity Brompton Church, von der laufend Gemeindeneugründungen ausgehen. Was ist Ihrer Meinung nach das „Geheimnis des Erfolges“ dieses Modells?
Alles, was wir tun, beruht auf Gebet und Lobpreis. Der Heilige Geist leitet unsere Arbeit. Wenn wir neue Kirchengemeinden gründen, dann stehen bei uns drei Prämissen im Vordergrund.
Wir arbeiten immer innerhalb der Strukturen und den Richtlinien, die uns gegeben werden. Wir gründen nie ohne die Erlaubnis eines Bischofs.
Wie sind Sie selbst zum Glauben gekommen, wie haben Sie den Weg zu Jesus gefunden?
Ich bin in eine gläubige Familie hineingeboren. Wie viele Kinder christlichen Familien hatte ich meine Aufs und Abs in meinen Teenagerjahren. Ich entdeckte meinen Glauben an der Schwelle zum Erwachsenenalter.
Ich hatte einen Mentor, der mich durch meine Jugendjahre begleitete und mir half, den Glauben meiner Eltern zu verstehen. Aus diesem Grund bin ich Jugendarbeitern, wo immer sie tätig sind, sehr dankbar. Ich habe erfahren, welchen Einfluss sie auf mein Leben hatten. Es war gleichsam eine Reise, die Liebe zu Jesus zu vertiefen und den Sinn für mein Leben zu entdecken.
Was heißt es, Jünger Jesu zu werden?
Wir sind berufen, immer mehr Jesus ähnlicher zu werden, Dinge zu tun, die er tat, und andere Menschen dafür zu gewinnen. Am Ende eines Tages stelle ich mir immer wieder die Frage, ob ich heute alles getan habe, um sein Jünger zu werden.
Alles beginnt damit, dass wir Jesus nahe sind. Erst dann können wir gegen Ungerechtigkeit ankämpfen, das Evangelium verkünden oder essen und trinken mit Menschen, die weit weg von Gott sind.
Wie können wir junge Menschen für die Sache Jesu begeistern?
Wir sehen nicht nur im Vereinigten Königreich, dass junge Menschen wirkliche Sehnsucht nach Spiritualität und Gott haben. Sie wissen nicht, wie sie es ausdrücken und wie sie in ihrem Leben danach suchen sollen. Aber da gibt es einen regelrechten Hunger.
Wichtig ist, wie ein Freund von mir, ein Jugendarbeiter in London, immer sagt, eine Beziehung zu der Jugend aufzubauen, viel Zeit mit den Jugendlichen zu verbringen und sie auf dem Weg zu begleiten. Und so die Liebe und Gnade, die in der Botschaft von Jesus zu finden ist, zu vermitteln.
Sie haben einmal in einem Interview gesagt: „Die Herausforderung für uns als Kirche liegt darin, die Botschaft gleich zu halten, aber sie über verschiedene Plattformen zu kommunizieren.“ Wie ist das zu verstehen?
Die Botschaft der Liebe Gottes ist dieselbe geblieben und wird sich nie ändern: Gott hat sich selbst geoffenbart und durch seinen Sohn Jesus Christus hat er uns gerettet.
Die Herausforderung liegt darin, wie wir diese Message über Generationen hinweg in einer postchristlichen Kultur den Menschen mitteilen. Aber es stehen uns jetzt neue Medien und neue Tools zur Verfügung.
Ein Tool ist der in der Kirche von England entwickelte Alpha-Kurs. Ist dieser das Allheilmittel für die Mission?
Alpha ist ein wundervolles Werkzeug, das uns der Heilige Geist geschenkt hat. Es ist ein guter Weg, um mit den Menschen die Frohe Botschaft von Jesus zu teilen. Und sollte uns jemand einen besseren Weg zeigen können, dann machen wir kehrt und gehen diesen weiter.
Der Alpha-Kurs ist nicht nur ein missionarisches Tool, nein, es zu einem ökumenischen Werkzeug, zu einem Werkzeug der Einheit geworden.
Kirchliche Grenzen wurden überwunden und Menschen unterschiedlicher Konfessionen Katholiken, Reformierte, Freikirchler, Anglikaner oder Orthodoxe kommen zusammen, um über ihre Beziehung zu Jesus zu sprechen. Das Großartige daran ist, dass wir mit Alpha Menschen erreichen, die Gott nicht kennen.
Auf der anderen Seite ist es ein Weg, Menschen innerhalb der Kirche zu helfen, über ihren Glauben mit anderen zu sprechen.
Welche Rolle spielt das Gebet für Ihr Leben, für die Gründung von neuen Gemeinden?
Der erste Auftrag an uns Jünger ist, Zeit mit Jesus zu verbringen, mit ihm in eine Beziehung und ins Gespräch zu treten. Wir wissen, dass das Gebet den Unterschied macht und dadurch Dinge Wirklichkeit werden.
Es ist der Weg, die Macht Gottes in unserem Leben und in unseren Gemeinschaften zu sehen, die Verwandlung in unseren Kirchen zu erkennen.
Charles Spurgeon, einer der bekanntesten Prediger des 19. Jahrhunderts, hat einmal gesagt: „Das Gebet ist der schmale Nerv, der den Muskel der Allmacht bewegt.“ Gott in seiner Allmacht hört unsere Gebete, gibt uns Antwort und setzt Dinge in Gang.
Geboren im Jahr 1978, aufgewachsen in East London.
Der Weg zur Berufung:
- Nach der Schule lernt er für vier Jahre als Sportlehrer in einer Missionsorganisation die Missionsarbeit kennen.
- Danach arbeitet er 15 Jahre in einer Freikirche bei der Gründung von neuen Gemeinden mit.
Später wird er Grafikdesigner, kommt zur Holy Trinity Brompton Church in London und wird Creative Director von Alpha.
- Nachdem er zum anglikanischen Priester geweiht worden ist, wird er Kurat an der Holy Trinity Brompton.
- Von dort aus geht er als Rektor zur Christ Church Spitalfields.
- Heute ist er Rektor an der St. Paul’s Church Shadwell, einer Gemeindegründung der Holy Trinity Brompton.
Familie: verheiratet mit Charlotte, ihre gemeinsame Tochter heißt Adelaide.
Was er gerne macht: Gitarre spielen und singen, Musik komponieren, Grafik-Design, Schwimmen.
Leben ist…
Leben heißt, den Willen Gottes zu tun. Ich liebe den Umstand, dass ich das Leben, das mir Gott gegeben hat, teilen darf: mit meiner Frau, mit meiner Tochter, mit meiner Kirchenfamilie und mit allen Freunden. Wir sind berufen zu einem Leben in Fülle.
Dafür bin ich dankbar.
Sonntag ist…
ein arbeitsreicher Tag. Wir feiern sonntags drei Gottesdienste in unserer Kirche.
Das ist eine tolle Zeit in der Gegenwart Gottes, seine Stimme zu hören und ihm Lobpreis darzubringen.
Glaube ist…
sich sicher zu sein über Dinge, die wir nicht sehen. Das Erstaunliche am Glauben ist, dass der Heilige Geist uns Kraft gibt, stets einen Schritt weiterzugehen, selbst wenn wir Zweifel und Angst haben. Gott sagt im Sturm zu jedem Einzelnen von uns: „Vertraue mir, fürchte dich nicht!“
weitere Informationen zu
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at