Weihbischof Helmut Krätzl: „Mich beeindruckt immer wieder die Firmvorbereitung.“
Weihbischof Helmut Krätzl: „Mich beeindruckt immer wieder die Firmvorbereitung.“
Vor vierzig Jahren, am 20. November 1977, wurde er zum Weihbischof für unsere Erzdiözese geweiht. Im SONNTAG-Gespräch unterstreicht Helmut Krätzl, was ihm in diesen Jahren immer wichtig war. Und noch immer wichtig ist.
Zwischen Tür und Angel“, so hat Helmut Krätzl vor vierzig Jahren erfahren, dass er von Kardinal Franz König als Weihbischof in Rom vorgeschlagen worden war.
„Ich habe bei Kardinal Franz König immer Mittag gegessen. Eines Tages sind wir nach dem Essen hinausgegangen und da sagte er zu mir auf dem Gang: ‚Jetzt habe ich Sie und den Kuntner in Rom als Weihbischöfe eingegeben‘“, erzählt Weihbischof Helmut Krätzl dem SONNTAG. Krätzls Reaktion damals: „Es hat mich gefreut, dass ich mit Florian Kuntner gemeinsam genannt wurde, weil ich ihn so geschätzt habe. Obwohl wir beide grundsätzlich anders waren, haben wir uns doch in den wesentlichen Dingen der kirchlichen Erneuerung getroffen.“
Im SONNTAG-Gespräch zieht Krätzl eine persönliche Bilanz über vierzig Bischofs-Jahre in unserer Erzdiözese. Über das, was ihm wichtig war und noch immer wichtig ist.
Ihr Wahlspruch lautet: „In der Kraft Gottes“. Was ist damit konkret gemeint?
Helmut Krätzl: Diese Bibel-Stelle stammt aus dem Zweiten Timotheus-Brief (Kapitel 1, Vers 8). Paulus ermutigt seinen Schüler Timotheus, standzuhalten in allen Prüfungen des Lebens und in seiner schweren Aufgabe.
Als ich gehört habe, dass ich Weihbischof werden soll, was ich mir nicht gewünscht habe, und auch ein bisschen mit Angst entgegengesehen habe, da habe ich mir gedacht: Dort steht, dass Gott die Kraft gibt zu dieser Aufgabe des Timotheus. Das passt gut für meine Berufung, ich vertraue und verlasse mich auf die Kraft Gottes. Und diese Kraft Gottes habe ich sehr oft gespürt.
Wie hat sich Ihr bischöfliches Wirken unter diesem Wahlspruch gestaltet?
Dieses Vertrauen, dass ich eine bestimmte Aufgabe in der Kirche habe, vom Kardinal vorgeschlagen, von Papst Paul VI. ernannt, hat mich durchgetragen. Immer wenn es schwierig geworden ist, habe ich darauf vertraut, dass mir Gott Kraft gibt. Bei allen Umwegen den richtigen Weg zu finden, auch wenn es vielleicht schwer ist.
Sie visitieren seit Jahrzehnten: Worauf kommt es bei solch einem „Besuch“ an?
Mir kommt es darauf an, die Menschen bei den Besuchen in den Pfarren zunächst einmal aufzumuntern und zu schauen, was alles schon gelungen ist. Es gibt ja heute oft eine so miese Stimmung: „Es geht ja alles den Bach hinunter, die Kirchen werden leerer, und die Jugend kommt nicht mehr.“
Einerseits hat sich so viel Positives entwickelt. Und andererseits: Die Pfarren sollen in die Zukunft schauen und sich dabei auch neue Wege vornehmen. Gerade im Hinblick auf die Entwicklungsräume sage ich persönlich: Wie dann der letzte Stand der Struktur sein wird, ist noch nicht ganz sicher.
Aber wichtig ist, dass die eigene Pfarre ihre Identität bewahrt und sich bewusst wird: Was ist bei uns historisch, aber auch durch die Prägung durch Priester besonders gewachsen? Und was können wir daher in unserem Entwicklungsraum den anderen mitteilen, beziehungsweise mit ihnen teilen?
Und zugleich doch demütig und bescheiden auch zu schauen: Was haben andere Pfarren, was wir nicht haben?
Auf diese Weise kann man lernen. Ich erwarte mir daher bei den Entwicklungsräumen nicht so sehr die strukturellen Veränderungen, sondern eine viel intensivere Zusammenarbeit.
Die Spendung der Firmung war und ist Ihnen besonders wichtig. Dabei haben Sie mit Büchern und auch im Kontakt mit den Firmkandidaten immer auch den Dialog gesucht. Warum?
Ich habe schätzungsweise etwa 30.000 Menschen gefirmt. Der Kontakt, den ich schließe, der geht über Firm-Briefe.
Ich bitte die Firmkandidaten, mir vorher Briefe zu schreiben, und das wird fast lückenlos gemacht. Ironisch gesagt ist es ja wohl das einzige Mal, dass junge Menschen heutzutage noch einen Brief mit der Hand schreiben. Auf diese Weise höre und lese ich, was sie bewegt.
Die Fragen sind immer: Warum lasse ich mich firmen? Was bedeuten mir Gott und die Kirche?
Bei der Predigt in der Firm-Messe gehe ich dann auch auf besonders pointierte Aussagen ein, ohne Namensnennung. Auf diese Weise gebe ich eine Art Antwort. Wenn nicht zu viele Firmlinge sind, merke ich mir sogar, was die Einzelnen geschrieben haben. Und bei der Firmung sage ich dann: Du hast mir dies und das geschrieben. Das gelingt nur, wenn die Zahl nicht allzu groß ist. Das hat menschlich und psychologisch eine ungeheure Wirkung. Dann beginnen sie oft zu strahlen, wenn ich mir gemerkt habe, was sie geschrieben haben.
Sehen Sie die Firmvorbereitung als seelsorgliche Chance?
Mich beeindruckt, dass da oft junge Christen und Christinnen sich bereiterklären, mit den Firmkandidaten in ihrer Freizeit über den Glauben zu reden und auch Wochenenden mit ihnen zu verbringen. Und sie dabei anleiten, einen eigenen Weg zu Gott zu finden.
Für diese Firmhelfer ist es selbst die beste Schule, den eigenen Glauben zu reflektieren. Es ist nämlich eine ungeheure Herausforderung, ein Jahr oder manchmal sogar zwei Jahre lang mit Vierzehnjährigen über den Glauben zu reden. Die jungen Firmhelfer sprechen die Sprache ihrer Generation, sie verstehen die Probleme der Jugend.
Die Freude an der Kirche haben Sie immer wieder erhofft, auch in Ihren Büchern. Haben Sie selbst Freude an der Kirche?
Ich habe Freude an der Kirche, weil ich weiß, dass sie immer mehr ist, als sie nach außen erscheint.
Sie wird dem Idealbild nie nachkommen, denn sie ist das anbrechende Reich Gottes und die Vollendung ist erst am Ende der Tage. Dazu kommt, dass ich gerade bei den Besuchen in den Pfarren immer sehr viel Freude erlebe. Ich versuche, die Gemeinden aufzubauen und komme selbst aus vielen Pfarren auferbaut zurück.
Und mit Papst Franziskus ist diese Freude an der Kirche noch einmal mehr entfacht worden. Zwei Päpste haben mich besonders froh gemacht: Johannes XXIII. und jetzt Franziskus.
Ich möchte noch ein paar Jahre leben, um zu sehen, was er in der Kirche in einer sehr mutigen, spirituellen, franziskanischen Weise verändert, obwohl er Jesuit ist. Im Sinne einer armen Kirche für die Armen.
Weihbischof Helmut Krätzl wurde mit dem Kardinal-König-Preis ausgezeichnet
Während seines Kirchenrecht-Doktoratsstudiums nahm Helmut Krätzl am 1962 begonnenen Zweiten Vatikanischen Konzil als "Stenograph" und Sekretär von Kardinal König teil.
Aus Anlass des 40-jährigen Bischofsjubiläums von Weihbischof DDr. Helmut Krätzl lädt sein Freundeskreis zu einem festlichen Beisammensein und zur
Präsentation der Festschrift „In der Kraft Gottes“
am Samstag, 25. November, um 17 Uhr ein.
Ort: Thomassaal der Dominikaner,
Postgasse 4,
1010 Wien.
Am darauffolgenden Christkönigsonntag, 26. November, findet um 10.15 Uhr in der Domkirche St. Stephan aus diesem Anlass ein vom Jubilar zelebriertes Pontifikalamt statt.
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