Wiener Diözesansynode: Präsident der Synode Erzbischof Franz Jachym, Karl Berg (damals Generalvikar von Salzburg), Kardinal Franz König
Wiener Diözesansynode: Präsident der Synode Erzbischof Franz Jachym, Karl Berg (damals Generalvikar von Salzburg), Kardinal Franz König
Vor 50 Jahren, am 15. Jänner 1969, wurde in unserer Erzdiözese Wien die Diözesansynode mit einer ersten Session in der Lainzer Konzilsgedächtniskirche eröffnet. Über 300 Synodenteilnehmer waren hier versammelt.
Die Diözesansynode (1969 bis 1971) stand unter dem Thema: „Dass die Gemeinschaft unseres Glaubens wirksam werde.“ Der SONNTAG sprach mit Weihbischof Helmut Krätzl, der als Pfarrer und später als Ordinariatskanzler an der Synode teilgenommen hatte.
Warum gab es Ende der 60er Jahre die Diözesansynode in Wien?
Weihbischof Helmut Krätzl: Weil Kardinal Franz König als Konzilsvater, wie auch die Konzilsväter in den anderen Ländern, wollte, dass das, was das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) für die Kirche weltweit beschlossen hat, in den Ortkirchen umgesetzt werden muss. Hat doch gerade das Konzil gemahnt, das synodale Wesen in der Kirche wieder zu beleben.
Damit war allen klar, dass auf der Diözesanebene etwas geschehen muss, dass die wesentlichen Früchte des Konzils in den Ortskirchen, darunter die Verlebendigung der Gemeinden, bekanntgemacht und umgesetzt werden.
Worum genau ging es bei der Diözesansynode 1969-1971?
Die Kirche neu sehen heißt, zu begreifen, dass sie das messianische Volk Gottes ist, mit ihrem Haupt Christus. Zu diesem Volk gehört man durch die Taufe und alle Gläubigen haben durch die Taufe das Anrecht, aber auch die Verpflichtung, in dieser Kirche Verantwortung zu übernehmen. Die Synode hat dies zunächst in zwei sehr praktischen Fragen behandelt, nämlich in der Liturgie und in den leitenden Gremien.
Wie sah diese Erneuerung der Liturgie konkret aus?
Vor allem bezog sich das auf die Eucharistie. Sie ist nicht ein Opfer, das der Priester für die Gläubigen Gott darbringt, sondern sie ist die Versammlung des Volkes Gottes zum Gedächtnis an Tod und Auferstehung des Herrn.
Die Mitfeiernden sind aufgerufen, nach Möglichkeit zu einer tätigen Teilnahme. Die besteht im Ministrantendienst, eine liturgische Rolle haben der Lektor, der Kantor, der Vorbeter und Vorsänger und der Mystagoge. Aber auch der Organist, die anderen Kirchenmusiker.
Später kam besonders durch den Priestermangel bedingt ein sehr wichtiger Dienst bei der Hilfe der Kommunionsspendung. Durch die so intensive Teilnahme wuchs auch die Sehnsucht, die Texte der Messe besser verstehen zu können, waren sie doch bislang meistens Latein, also für die meisten unverständlich.
Das Konzil selbst hat zunächst die Wortverkündigung in der Messe in der Muttersprache erlaubt. Allmählich wuchs aber die Erkenntnis, dass der Höhepunkt der Verkündigung eigentlich der Einsetzungsbericht (die Wandlungsworte) und daher auch diese für alle möglichst verständlich ausgesprochen werden sollten.
Den Volksaltar hat das Konzil nicht vorgeschrieben. Aber das Bewusstsein, dass die gesamte Gemeinde feiert, legte es nahe, dass sie mit dem Priester gleichsam um den Altar geschart, Gott lobt und dankt in der Eucharistie.
Übrigens hat die Diözesansynode in ihren 3 Sessionen immer in der Lainzer Pfarrkirche getagt, die allein schon durch ihre Einrichtung genau dies zum Ausdruck bringt.
Was wollte die Diözesansynode im Hinblick auf die Mitverantwortung durch die Gremien?
Die Gemeindeleitung war bislang allzu stark auf den geweihten Priester konzentriert. Wenn aber alle Mitverantwortung tragen sollen, muss man ihnen auch dazu Gelegenheit geben. So wurden Gremien auf allen Ebenen in der Diözese errichtet: der Pfarrgemeinderat anstelle des bisherigen Pfarrkirchenrates, ein Dekanatsrat, später ein Vikariatsrat und schließlich ein Diözesanrat.
Zum Unterschied von früher wurden die Mitglieder nicht von „oben“ ernannt, sondern „von unten“ gewählt. Das führte dann zu dem zum Teil heftig umstrittenen Punkt, wo dann doch noch die Letztverantwortung des geweihten Priesters bleibt.
Wie hat sich die Diözesansynode mit der neuen Sicht der Kirche in der Welt beschäftigt?
Das Konzil wollte auch die Kirche nach allen Seiten hin öffnen und ihr einen neuen Platz in der so veränderten Welt geben, die zum Teil ja auch sehr säkularisiert war. Auch da hat die Synode eigentlich schon weit vorausschauend Weichen gestellt.
Ganz bewusst wurde die Ökumene mit den anderen christlichen Konfessionen und Kirchen verstärkt. Zunächst war man „Beobachter“ im Ökumenischen Rat der Kirche, später als es von Rom genehmigt wurde, aber Vollmitglied und zwar in einer sehr prägenden Weise.
Ein Gesprächskreis wurde gegründet mit der jüdischen Gemeinde. Auch zum Verständnis der anderen nichtchristlichen Religionen gab es sehr viel Bildungsveranstaltungen, die eigentlich schon vorausblickend waren für eine so starke Begegnung, wie sie gerade jetzt durch die Migration erfolgt.
Die Kirche musste aber auch ihrer Aufgabe bewusst werden in der Mitgestaltung der Welt. So hat man sich sehr ausführlich beraten über die Beziehung der Kirche zu Kunst, Kultur und Politik. Damit wurde sich die Kirche bewusst, einen unersetzbaren Beitrag zur Wertebildung in der Gesellschaft darzulegen, ohne einseitige Parteilichkeit.
Wie war die Stimmung, die Atmosphäre bei der Diözesansynode?
Die Stimmung war sehr positiv, weil man sich sehr über den Anstoß einer Erneuerung gefreut hat. Eine Schwierigkeit war jene, wie weit jetzt Laien mitberaten und mitbestimmen können oder nicht.
Da gab es plakativ gesagt zwei Gruppierungen: die eine forderte eine völlige Demokratisierung der Kirche, von der Pfarre bis hinauf in die Erzdiözese, die andere fürchtete eine Sowjetisierung, weil sie eine Einschränkung der Letztverantwortung des Pfarrers kommen sah. Aber der Pfarrer hat die Letztverantwortung mit der Gemeinde und nicht allein.
Sie hielten damals ein Referat, das zwischen diesen „Fronten“ vermittelte…
Einerseits habe ich das dargelegt, was das Konzil im Hinblick auf das synodale Wesen der Kirche und der Mitverantwortung der Laien wollte, und andererseits habe ich vorgelegt, dass es Einrichtungen geben soll, wo der Pfarrer eine besondere Funktion hat.
Da war die Rede vom Veto-Recht des Pfarrers, dann sind später Schiedsgerichte eingerichtet worden. Und ich habe mein Referat damals mit den Worten beschlossen: Und immer bleibt natürlich dem Pfarrer der Weg zum Bischof. Es geht darum, dass nicht der Pfarrer die Pfarre autoritär regiert, sondern dass er gemeinsam mit der Gemeinde die Verantwortung trägt.
Welche Rolle hatte der Präsident der Synode, Erzbischof Franz Jachym?
Jachym hat die Synode von Anfang an vorbereitet. Kardinal Franz König hatte ihn schon 1966 mit der Vorbereitung beauftragt und dann zum Präsidenten der Synode ernannt.
Jachym leitete die Synode in souveräner Weise. Er hat sich auch schon im Vorfeld um eine sehr intensive Mitwirkung der gewählten Synodenteilnehmer und jener, die von Amts wegen teilgenommen haben, bemüht und sie ernstgenommen. Auf diese Weise ist Jachym der Vater der Synode geworden. Ihm ist auch zu verdanken, dass schlussendlich fast alle Beschlüsse mit einer großen Mehrheit zustande gekommen sind.
Wie wirkten Sie damals als Synodenteilnehmer mit?
Jachym war nicht nur Präsident der Synode, sondern ab 1. September 1969 auch Generalvikar. Kardinal Franz König hat in der ersten Session der Diözesansynode bemerkt, dass die damaligen beiden Generalvikare zwar bei der Synode dabei waren, die Impulse für die Umsetzung aber nicht so aufgegriffen hatten, wie sich das der Kardinal vorgestellt hatte.
Daher wechselte König das Leitungsteam aus und hat mit dem 1. September 1969 Erzbischof Jachym, der zunächst mit dem Bau-Sektor betraut war, zum Generalvikar gemacht. Jachym sagte, dass er mich, damals war ich Pfarrer in Laa an der Thaya, als Ordinariatskanzler wolle. Weil ich in Rom Kirchenrecht studiert hatte und als Pfarrer auch die Praxis der Seelsorge kenne.
Inwieweit war auch die sogenannte Basis in den Pfarren an diesem diözesanen Prozess beteiligt?
Im Vorfeld der Diözesansynode gab es gedruckte Heftchen zu den verschiedenen Themen, vor allem Liturgie und Mitverantwortung der Laien, und diese Inhalte sind in den kleinsten Pfarren, ich habe das als Pfarrer in Laa und Umgebung erlebt, diskutiert worden. Daher war auch das Interesse bis hin zu den kleinsten Pfarren unserer Erzdiözese an den Vorgängen und an der Umsetzung der Synode sehr groß.
Was empfinden Sie heute, 50 Jahre nach Beginn der Diözesansynode?
Dass der Kirche in unserer Erzdiözese etwas sehr Großes im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils gelungen ist, nämlich die Erneuerung der Kirche in der Welt von heute, wie das Konzil sagt.
Es gibt dieses Handbuch der Synode mit fast 1.000 Beschlüssen. Man hat damals beispielsweise auch an alle Berührungspunkte der Kirche mit der Gesellschaft, mit der Politik, mit der Kultur, Kunst und Wissenschaft gedacht. Da hätte man später intensiver weiterarbeiten müssen.
Wie sehen Sie die Impulse der Synode für die damals entstandenen drei territorialen Vikariate?
Nicht zuletzt haben damals in den jeweiligen Gegenden bei der Synode sehr starke Priester mitgearbeitet. In Wien war der es damalige Pastoralamtsleiter Pater Josef Zeininger, im Süden war es Pfarrer Florian Kuntner, damals Pfarrer in Piesting und im Norden war es Pfarrer Franz Stubenvoll. Diese Drei sind dann später auch Bischofsvikare geworden.
Bei der Wiener Diözesansynode (1969-1971) wurde dem damaligen Erzbischof Kardinal Franz König der Vorschlag der Gliederung der Erzdiözese Wien in drei territoriale Vikariate vorgelegt, um die Pastoral besser auf die Großregionen Weinviertel, Großstadt Wien und Industrieviertel besser abstimmen zu können.
Bereits am 1. Februar 1969 wurde dieser Vorschlag mit der Errichtung der drei territorialen Vikariate bestätigt.
Im September 1969 traten dann die drei Bischofsvikare Msgr. Franz Stubenvoll (für das Vikariat Unter dem Manhartsberg), Prälat Franz Steiner (für das Vikariat Wien-Stadt) und der damalige Pfarrer Florian Kuntner (für das Vikariat Unter dem Wienerwald) ihr Amt an.
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