Die Erzdiözese Wien trauert um Friederike Valentin, die am 14. September 2023 nach langer, schwerer Krankheit im 75. Lebensjahr verstorben ist.
1967 begann Friederike Valentin Theologie zu studieren und bereits 1971 als 22-jährige Theologiestudentin, übernahm sie die Leitung des Sektenreferates der Erzdiözese Wien. Sie weitete das Tätigkeitsfeld dieses Referates aus und benannte es in Referat für Weltanschauungsfragen, Sekten und religiöse Gemeinschaften um. Zugleich unterstützte sie die Gründung der Elterninitiative "Verein zur Wahrung der geistigen Freiheit", die Eltern beratend und begleitend zur Seite stand, deren Kinder in den Einflussbereich von Sekten oder sektenähnlichen Gemeinschaften gelangt waren.
Valentin engagierte sich auch sehr für den Ausbau der Zusammenarbeit der Sektenfachleute der Kirchen in Österreich und im deutschsprachigen Raum. Auch von Politikern mehrerer Länder wurde die international renommierte Expertin für Weltanschauungsfragen als Beraterin herangezogen. Das von Valentin als Mitherausgeberin wesentlich getragene "Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen", erstmals 1990 veröffentlicht, gilt als Standardwerk.
Im November 2001 wurde Friederike Valentin mit dem Komturkreuz des päpstlichen Silvesterordens ausgezeichnet. Der Orden wurde ihr vom Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, überreicht. Zum Festakt zur Verleihung der Auszeichnung kamen neben Kardinal Franz König auch mehrere kirchliche Verantwortliche für Sektenfragen aus Deutschland und der Schweiz.
Dr. Valentin mit Kardinal Schönborn bei der Ordensverleihung
Valentin hat Pionierarbeit für einen differenzierten und von hoher Sachkenntnis geprägten Umgang der Kirche mit Sekten und neuen religiösen Bewegungen geleistet. Sie hat bei aller kritischen Auseinandersetzung mit diesen Gruppierungen immer die Menschen dahinter gesehen und eine faire Beurteilung gesucht.
Bei zahlreichen Vorträgen im Rahmen von Konferenzen im In- und Ausland teilte sie ihre Expertise mit anderen.
Eine schwere Erkrankung im Dezember 1997 zwang sie 1999 zum vorzeitigen Ruhestand.
Anlässlich der Verleihung des Silvesterordens im Jahr 2001, wurde eine Festschrift zu Ehren von Friederike Valentin herausgegeben. In dieser ist auch ein Brief, den Valentin an oberösterreichische Schülerinnen geschrieben hat, abgedruckt. Eine der Fragen der Schülerinnen war: Welche Erlebnisse aus der Vergangenheit ihr am meisten nahegehen?
Valentin antwortete: „Vor ca. 20 Jahren rief eine Pfarrsekretärin ziemlich aufgeregt an und erzählte mir, dass ein ihr bekanntes Mädchen Mitglied bei einer sektenhaften Gruppierung geworden war und sich gerade bei ihren Eltern – die über die Sektenmitgliedschaft ihrer Tochter sehr unglücklich waren – am Bauernhof aufhielt. Da ich aus dem Telefonat nicht ganz schlau wurde, habe ich gebeten, die Mutter möge sich direkt an mich wenden, was auch innerhalb von 5 Minuten der Fall war. Die Mutter bat mich eindringlich zu ihnen zu fahren und mit der Tochter zu sprechen. Spontan habe ich zugesagt.
Die Mutter begrüßte mich mit den Worten „Jetzt wird alles gut“. Nach dem Mittagessen begann ich mit dem Mädchen, das zunächst kein besonders großes Interesse zeigte, sich mit mir über die Gruppierung und deren Lehre zu unterhalten, zu sprechen. Sie war aber dann doch dazu bereit, einen Vergleich zwischen der Botschaft des Neuen Testaments und der Lehre der Gruppierung, durchzuführen. Sehr berührt hat mich – und ich habe es heute noch in bester Erinnerung – dass während dieser Zeit die gesamte Familie in der Stube den Rosenkranz gebetet hat.
Tatsächlich hat sich das Mädchen nach wenigen Tagen von der Gruppierung gelöst und ist heute glücklich verheiratet, hat mehrere Kinder und wir sind noch immer in losem Kontakt.“ Anhand dieser Schilderung wird deutlich, welchen Einsatz Valentin in ihrer Arbeit gezeigt hat.
Ihr persönliches Lebensprinzip fand Friederike Valentin im Spruch des Gründers der Liturgischen Bewegung, Pius Parsch CanReg: „Mit sanfter Zähigkeit.“