Herr, gib ihr die ewige Ruhe,
und das ewige Licht leuchte ihr.
Lass sie ruhen in Frieden.
Amen.
Herr, gib ihr die ewige Ruhe,
und das ewige Licht leuchte ihr.
Lass sie ruhen in Frieden.
Amen.
✝ 22. Mai 2019
Kongregation der Töchter der göttlichen Liebe
Sr. M. Laurentine Fallnbügl FDC
*2. Oktober 1916 – ✝ 22. Mai 2019
Einkleidung am 28. 8. 1936
Erste Gelübde am 27. 8. 1938
Ewige Gelübde am 22. 2. 1943
In ihrem 103. Lebensjahr ging unsere Seniorin Sr. M. Laurentine (Paula) Fallnbügl heim zu Gott. Ihr Leben spannte sich über eine Zeit großer politischer und wirtschaftlicher, technischer und kultureller Veränderungen.
Am 2. Oktober 1916 kommt sie zur Welt, etwa um die Mitte des Ersten Weltkriegs. Am 21. November 1916 stirbt Kaiser Franz Josef, schon im Mai hatte es nach zwei Jahren Krieg die ersten Hungerkrawalle in Wien gegeben.
Die schlechte wirtschaftliche Lage, hohe Inflation und Arbeitslosigkeit, die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahre radikalisierte die Gesellschaft weiter.
Das behütete Kind wusste wenig davon, aber noch in ihren letzten Lebenszeiten sprach Sr. Laurentine davon, dass sie in ihrem Leben viel mehr Hunger erfahren hatte als jüngere Menschen heute ahnen.
Bewusster hat sie den Zweiten Weltkrieg miterlebt, Hunger, Mangel und Angst, auch wenn sie, damals in Breitenfurt, vielleicht weniger von Bomben und Nahrungsmangel betroffen war als die Großstädter.
Paula, ein echtes Wienerkind, war das vierte von 5 Kindern einer gutbürgerlichen Wiener Beamtenfamilie. Sie wuchs in einem grünen Wiener Vorort auf und lernte dort früh die Vinzentinerinnen in der Antonigasse, wo sie die Bürgerschule besuchte, und die Töchter der Göttlichen Liebe in der Lacknergasse kennen. Damit wurde dem Töchterchen eine überdurchschnittlich gute Ausbildung zuteil.
Weitere schulische Bildungswege für Mädchen begannen sich in dieser Zeit anzubahnen, waren aber keineswegs üblich. Am 21. März 1936 wird sie in die Kandidatur unseres Mutterhauses aufgenommen.
Die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse hatten sich kaum gebessert. Adolf Hitler war 1936 Reichskanzler und Reichspräsident in Deutschland. Am 12. März 1938, Sr. Laurentine wird im August ihre ersten Gelübde ablegen, zieht Hitler in Österreich ein. Der Zweite Weltkrieg beginnt.
Die Aussichten für katholische Orden sind auch in Wien nicht sehr rosig. Der NS-Kulturkampf wurde hier in Österreich mit besonderer Härte geführt. 26 große Stifte und Klöster und 188 andere Männer- und Frauenklöster wurden aufgehoben, über 1.400 katholische Privatschulen, Heime und Bildungsinstitute geschlossen.
Sr. Laurentine legt am 28. August 1938 in der Mutterhauskirche ihre ersten Gelübde ab. Ihre Ewigen Gelübde mussten 1943 hinter versperrten Kirchentüren stattfinden.
Von 1938 bis 1953 gehört sie der damals großen Gemeinschaft unseres Klosters St. Josef in Breitenfurt an. Diese Niederlassung war von der Gründerin, der Dienerin Gottes Franziska Lechner zur Betreuung „dienstuntauglicher Mägde“ ins Leben gerufen worden, der alt und krank gewordenen Hausangestellten, die unversichert und erwerbsunfähig auf ein Gnadenbrot angewiesen waren oder eben auf der Straße standen.
Schon damals und bis heute dient diese Einrichtung auch den alt und krank gewordenen Schwestern als Heim. Um den Unterhalt zu sichern, betrieb das Kloster Nutzgarten und Landwirtschaft. Sie und der große Haushalt boten Beschäftigung für Sr. Laurentine bis sie 1958 nach Unterstinkenbrunn versetzt wurde. Dort war ihr die Mitbetreuung der Kleinen im Kindergarten anvertraut. Hier begann auch ihre Tätigkeit als Sakristanin. Ähnliche Funktionen übte sie von 1958 bis 1961 in Kagran aus.
Im Oktober 1961 kam sie zurück nach Wien und diente in der Marienanstalt Lehrern und Schülerinnen, immer freundlich, geduldig, tolerant. Man liebte sie.
Das Mutterhaus rief nach ihr im August 1972. Kirche und Sakristei brauchten ihre ordnende Hand, die Bewohnerinnen des Internats im Elisabethheim waren verwaist,
1987 kam die Tätigkeit bei der Pforte und der segensreichen, viel frequentierten Armenausspeisung dazu. Bei den Priestern unserer Pfarre, in der Gemeinde des Fasanviertels, war sie bekannt und beliebt.
Urlaube in der Vorsehungsprovinz am Meer, zusammen mit Sr. Salvatora Schimpach, dienten der Gesundheit, brachten aber auch viele herzliche Kontakte mit den Schwestern dort. Immer wieder kam sie dankbar darauf zu reden.
Langsam begann das Alter sein Recht einzufordern. Zunehmend behindert und von Schmerzen geplagt, wollte sie ihren Ruhestand in der gewohnten Umgebung, im schönen Ambiente des Mutterhauses verbringen, wo die Gemeinschaft sich ihrer wirklich liebevoll annahm.
Auf Bitten der Provinzoberin Sr. Emanuela Cermak übernahm Sr. Helene Huppes, gerade aus Essen ins Mutterhaus versetzt, ihre Betreuung und später immer intensiver werdende Pflege, bis sie in ihren letzten Lebensjahren auf dauernden Beistand angewiesen war. Sr. Helene stand ihr Tag und Nacht treu zur Seite mit Hilfeleistung, gutem Zureden, Trost, mit verlässlicher, freundlicher Präsenz.
Sehr erwähnenswert ist auch die Treue der Familie. Zu allen Festen, besonders am 100. Geburtstag, aber auch unzählige Male ohne besonderen Anlass kamen die Verwandten, regelmäßig immer wieder, zu aufheiternden Besuchen.
Bis in ihre letzten Lebenswochen beschäftigte sie sich mit dem Stricken zunächst größerer, mit sinkenden Kräften nur mehr kleiner Deckchen, die auf Flohmärkten zugunsten unserer Ugandamission verkauft werden sollten. Ihren sorgsam gehüteten Schatz an Strickvorlagen und Nadel- und Garnvorräten wollte sie den behinderten Pfleglingen unserer polnischen Provinz zur Verfügung stellen. Mitglied einer großen, internationalen Kongregation zu sein, das hat seinen eigenen Zauber, der das Herz öffnet.
Noch in ihrer Todesstunde war es aber das Rosenkranzgebet, besonders der Barmherzigkeitsrosenkranz, der ihrem Tag Struktur und ihrem Geist Beschäftigung, ihrem Gemüt Trost gab.
Ihr wohl letztes besonders schönes Erlebnis war die Gemeinschaftswallfahrt nach Mariazell, der sie sich zunächst verweigern wollte, um der Gruppe nicht zur Last zu fallen. Es gelang Sr. Emanuela sie zu überreden und ihr damit einen Höhepunkt zu verschaffen, an den sie sich gerne und häufig erinnerte. Der Besuch bei der Gnadenmutter, die wunderbare Atmosphäre der Kirche, das herrliche Wetter, der kurze Aufenthalt am Erlaufsee, die fröhliche Gemeinschaft der Schwestern: Deo Gratias!
Ihre letzten Wochen waren von Leiden überschattet. Unerträgliche Schmerzen
zwangen sie zu einem Spitalsaufenthalt. Hier ist der Ort Sr. Gabriela von den Elisabethinen für ihren jahrzehntlangen kundigen und effizienten, herzlichen Beistand zu danken, der nicht nur Sr. Laurentine sondern so vielen von uns immer wieder zugutekommt.
Kaum nach Hause zurückgekommen, litt sie an zunehmender Atemnot. Wohl wissend, wie es um sie stand, ordnete sie letzte Angelegenheiten, bat die treue Sr. Helene letzte kleine Dinge für sie zu erledigen.
Nach einem weiteren kurzen Aufenthalt im Krankenhaus trat sie die Reise nach Breitenfurt an, wo sich die Krankenpflegerin Sr. Ankica Juko gewissenhaft auf den Gebrauch des Sauerstoffgeräts vorbereitet hatte. Sie sollte es nicht mehr lange benötigen.
„Breitenfurt stand am Anfang meines Ordenslebens“, sagte sie zur Hausoberin dort, Sr. M. Alberta Ibersperger, „nun steht es am Ende.“
Die letzte Nacht war lang. Sr. Ankica, von der Patientin gerufen und gebeten, bei ihr zu bleiben, saß am Bett der schwer Leidenden. Auf ihren Wunsch betete man den Barmherzigkeitsrosenkranz. Immer wieder fielen ihr die Augen zu, stockte der Atem, bis sie schließlich mit einem schweren letzten Atemzug still von uns ging.
Nun lebt sie in einer besseren Welt. Gottes Hauch ist ihr neues Leben.