Wie haben wir auf Menschen in Not reagiert?
Wie haben wir auf Menschen in Not reagiert?
Denn Christ zu sein ist eine ungeheure kulturelle Leistung: eine Läuterung menschlicher Impulse und Affekte, durchzuführen im Atemraum des Heiligen Geistes und im beständigen Hören auf Jesus.
Europa ändert sein Gesicht. Hunderttausende Flüchtlinge suchen Schutz in jenem alten Kontinent, auf dem einige der reichsten Länder der Welt liegen. Niemand hat diese Menschen gerufen. Sie drängen in Scharen nach Europa, weil sie eine andere Chance auf Zukunft schlicht nicht haben.
Gerade weil wir unwiderruflich auf ein neues Europa zusteuern, wollen viele von uns das alte behalten. Wo Veränderung einsetzt, ist immer Angst.
Entwicklungsbiologisch gesehen sind auf den Zustrom der Schutzsuchenden drei Reaktion möglich:
Erstarren, sich mit Glitzerkram ablenken oder Asylantenheime anzünden. Alle drei Muster kamen vor.
Und alle drei sind zutiefst unchristlich.
Denn Christ zu sein ist eine ungeheure kulturelle Leistung: eine Läuterung menschlicher Impulse und Affekte, durchzuführen im Atemraum des Heiligen Geistes und im beständigen Hören auf Jesus.
Was sagt er uns? „Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen.“
Wir werden daran gemessen werden, wie wir es mit der Liebe gehalten haben. Wie haben wir auf Menschen in Not reagiert? Haben wir Zäune ausgerollt oder christlich-kultiviert „Grüß Gott“ gesagt?
Was bis vor kurzem undenkbar schien, wurde wahr: ein massenhafter Willkommensgruß an syrische Flüchtlinge auf dem Westbahnhof.
Man kann diese Geste auch als Lebenszeichen der immer noch christlichen Kultur Europas lesen.
Gudrun Sailer
ist Redakteurin im deutschsprachigen Dienst von Radio Vatikan in Rom.
Weitere Informationen zu "Der Sonntag" die Zeitung der Erzdiözese Wien