Er regiert, entscheidet, ernennt, hört Beichte, redet ins Gewissen, schreibt oder unterschreibt, als wüsste er, seine Zeit läuft morgen ab. Wir haben einen 80-jährigen Turbo-Pontifex. Souverän, doch ganz ohne kaiserliches Schreiten.
Er regiert, entscheidet, ernennt, hört Beichte, redet ins Gewissen, schreibt oder unterschreibt, als wüsste er, seine Zeit läuft morgen ab. Wir haben einen 80-jährigen Turbo-Pontifex. Souverän, doch ganz ohne kaiserliches Schreiten.
Gudrun Sailer, Radio Vatikan, über den 80-jährigen Turbo-Pontifex.
Uns im Vatikan bringt dieser Papst mit seinen 80 Lenzen nicht nur zum Staunen, sondern auch an unsere Grenzen.
Dauernd gibt es etwas Außerplanmäßiges oder noch nie Dagewesenes. Morgens kommt man ins Radio und erfährt, er hat wieder mal irgendwo ein Interview gegeben oder das Vorwort für ein Buch verfasst (z. B. über christliche Tattoos, geschrieben von Häftlingen). Er empfängt Leute, die noch nie ein Papst empfangen hat (Transvestiten) oder besucht sie direkt (Priester, die den Dienst quittiert und geheiratet haben).
Er regiert, entscheidet, ernennt, hört Beichte, redet ins Gewissen, schreibt oder unterschreibt, als wüsste er, seine Zeit läuft morgen ab. Wir haben einen 80-jährigen Turbo-Pontifex. Souverän, doch ganz ohne kaiserliches Schreiten.
Unser guter Papa Franz legt ein Tempo vor, dass manchem schwindlig wird, wie das interne Murren gegen seine Gesten und Aussagen beweist. Sein Plan ist anscheinend, sich zu Tode zu arbeiten. So bliebe der Kirche nebenbei auch die schwierige Gegebenheit dreier lebender Päpste erspart.
Hier ist einer am Werk, der seine letzte Raketenzündstufe erreicht hat. 80 Jahre, die Gnade eines alten Papstes, der den Reichtum und die Last seiner Erfahrung als Hirte dort draußen mitnahm in die Mitte.
44 Jahre als Priester und 21 Jahre als Bischof in einem Schwellenland hatte Jorge Mario Bergoglio auf dem Buckel, als sie ihn 2013 zum Bischof von Rom wählten. Vom Rand kommend, wob er neue Fäden und Haltungen in den Petrusdienst, die von Jesus her angelegt sind, doch jetzt erst glänzen. Sie sind es, die dieses Pontifikat zu einem Neustart in Kontinuität geraten lassen.
Die Kernsätze von Papst Franziskus sind aus meiner Sicht folgende vier:
Franziskus sorgt in der Tiefe für etwas Neues, nicht oder nicht nur mit Fleckerl-Reformen. Er versucht und verkörpert nichts weniger als einen Epochenwechsel in der Kirche, weg vom (europäischen) Denken in Kategorien von Recht und Dogma hin zur Überkategorie der Barmherzigkeit. Eine Art Revolution der Herzen.
Der Gratulant lebt seit jungen Jahren mit einem halben Lungenflügel weniger. Ständig außer Atem aber sind wir Vatikanjournalisten, die dem 80-Jährigen auf Schritt und Tritt nachhechten. Und wir wissen: So muss es sein.
Der Papst ist nicht zur Bequemlichkeit seiner Leute da, sondern zum Segen für die Welt. Und Franziskus ist der Papst, den die Welt heute braucht. Auguri, Papa Franz.
Gudrun Sailer
ist Redakteurin im deutschsprachigen Dienst von Radio Vatikan in Rom.
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