Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
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"Das Christentum ist eine therapeutische Religion."
Schwester Melanie Wolfers
Vergangenen Dienstagabend im Stephansdom: Trauergottesdienst für die drei Polizisten und den Sanitäter, die dem Amoklauf eines Wilderers bei Annaberg zum Opfer gefallen sind. Er hat, so schrieb die Kronenzeitung, "auf einen Schlag das Leben von vier Familien auf immer zerstört". Sechs Kinder sind zu Halbwaisen geworden.
Christus hat uns darauf verpflichtet zu vergeben, immer. Aber wie macht man das, wenn man gerade den Ehemann, den Vater durch eine solche Tat verloren hat? Ich habe mich gefragt, als wir im Dom gemeinsam das Vaterunser gebetet haben – "und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern" – ob ich als Angehöriger das mit innerer Zustimmung beten könnte. Ich weiß es nicht, ich war nie in einer vergleichbaren Situation.
Aber Schwester Melanie Wolfers sagt es in dieser Ausgabe (auf Seite 14): "Das Christentum ist eine therapeutische Religion" – also eine heilende. Nicht die Zeit, aber die große Güte Gottes, so sagt Melanie Wolfers, heile die Wunden. Ich denke, es hilft beim seelischen Heilungsprozess, die Vergebung zumindest zu versuchen. Und dieser Versuch wiederum unterstützt die Heilung.
Ich hoffe inständig, dass ich dazu fähig wäre. Und dass auch die Hinterbliebenen der Tragödie von Annaberg die heilende Güte Gottes spüren können – damit es dem Bösen nicht gelingt, ihre Familien wirklich auf immer zu zerstören.
Leitartikel vom 6. Oktober 2013.