Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
"Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein, und schließlich in einer Anhäufung von fixen Ideen und Streitigkeiten verstrickt ist."
Papst Franziskus
Falls Sie das erste große Schreiben von Papst Franziskus – "Evangelii Gaudium" ("Die Freude des Evangeliums") – mit seinen 256 Seiten noch nicht gelesen haben: Hier ist
das, was ich für den Schlüsselsatz halte. Er steht auf Seite 47, dort wo der Papst fast grantig schreibt: "Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein, und schließlich in einer Anhäufung von fixen Ideen und Streitigkeiten verstrickt ist."
Denn, und jetzt kommt’s: "Wenn uns etwas in heilige Sorge versetzen und unser Gewissen beunruhigen soll, dann ist es die Tatsache, dass so viele unserer Brüder und Schwestern ohne die Kraft, das Licht und den Trost der Freundschaft mit Jesus Christus leben, ohne eine Glaubensge- meinschaft, die sie aufnimmt, ohne einen Horizont von Sinn und Leben."
Acht Zeilen, in denen alles steht, worum es geht: Leben in der Freundschaft mit Christus, Gemeinschaft, Horizont. Dadurch Kraft, Licht, Trost, Aufnahme, Sinn und Leben. Das macht der Glaube. Das bringt Kirche. Wenn nicht, läuft etwas falsch.
So viele entbehren das. Vielen merkt man es nicht an. Aber bei anderen ist es offensichtlich, und ich begegne ihnen jeden Tag auf der Straße: Menschen, die verloren wirken, die verzweifelt auf Anerkennung aus sind, denen man ein Milieu ansieht, in dem man permanent auf der Hut sein, imponieren muss. In deren Lachen keine Freude ist.
Oft wird mir an ihnen nur bewusst, wie gut es mir geht. Aber an manchen Tagen fragt mich Gott, was ich eigentlich dafür tue, dass sie zum Vater finden.
Leitartikel vom 8. Dezember 2013