Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Freitag 27. Dezember 2024
17.03.2014
Aus für den Ehrenprälaten
Eine Gewissensprüfung, denn auf den Pfaden des Prestigedenkens wandeln ja beileibe nicht nur geistliche Herren.
Am Sonntag hat Papst Franziskus vor dem Angelusgebet die Frage gestellt, was es heißt eine Kirche zu sein, deren Herr das „Lamm Gottes“ ist. Seine Antwort: „Es bedeutet, Gerissenheit durch Unschuld zu ersetzen, Kraft durch Liebe, Hochmut durch Demut, Prestige durch Dienen…“
Wie ich das mit dem „Prestige statt Dienen“ gehört habe, habe ich an das Schreiben gedacht, das drei Tage vorher aus dem Vatikan gekommen ist. Es hat endgültig festgelegt, dass es in Zukunft nicht mehr drei päpstliche Ehrentitel für Diözesanpriester gibt (Ehrenkaplan – meist Monsignore genannt, Ehrenprälat und Apostolischer Protonotar), sondern nur noch einen, den Monsignore. Und der darf nur mehr an Priester über 65 verliehen werden.
Ich denke, dass der Papst damit nicht das verdiente Lob und die Anerkennung abschaffen will. Aber dass er gesehen hat, wie das Ehrentitelwesen mit all seinen violett und rot eingefassten Knopflöchern und seidenen Umhängen die falschen Anreize setzt.
Der Papst ist Jesuit, und Jesuiten verlangen viel von sich selbst. Er mahnt immer wieder von allen Priestern jesuitische Askese ein – und ein leidenschaftliches Aufopfern für die Verkündigung und den Dienst an den Armen. Das spießt sich mit dem Schielen nach weltlichen Würden.
Nicht die Hierarchie oder das Amtspriestertum beschneidet Franziskus damit, sondern ihre Verweltlichung. Für uns Laien ist das nicht ein Anlass zur Schadenfreude, sondern zur Gewissensprüfung. Auf den Pfaden des Prestigedenkens wandeln ja beileibe nicht nur geistliche Herren.
Leitartikel des Sonntags vom 26. Jänner 2014
erstellt von: Michael Prüller (26. Jänner 2014)
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