Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Nicht sonderlich christlich.
Es ist schade, sagt der Papst, dass so viele unter der Predigt leiden – „die einen beim Zuhören, die anderen beim Predigen“. Dabei könne doch eine gute Predigt „eine intensive und glückliche Erfahrung des Heiligen Geistes sein, eine stärkende Begegnung mit dem Wort Gottes…“
Vor kurzem habe ich wieder einmal gelitten. Ich ärgere mich einfach zu schnell über einzelne Sätze, etwa als der Prediger jene Katholiken kritisiert hat, „die sich aus Angst vor dem Neuen gegen überfällige Reformen stemmen“. Ich habe das gelegentlich schon gehört, und es ist mir noch nie sonderlich christlich vorgekommen.
Ich wusste auch nicht, wer gemeint war. Es gibt heute so viele Reformvorschläge, die alle ihre Gegner haben, von der Reform der Pfarrstrukturen bis zur Reform des Zölibats. Ich bin da schon unterschiedlichsten Motiven und Anschauungen begegnet, aber Angst habe ich eigentlich nie vorgefunden. Höchstens die Sorge, dass man durch diese oder jene Reform nicht freier, sondern bloß ärmer wird. Das ist aber etwas ganz anderes.
Wem eine Reform völlig einleuchtend erscheint, kann oft nicht verstehen, dass es denkende Menschen gibt, die das anders sehen. Da ist die Versuchung groß, das nicht auf unterschiedliche Ansichten und Sorgen zurückzuführen, sondern auf Charakterfehler der anderen: Sie fürchten sich, kleben an ihrer Macht, sind fantasielos usw.
Es wäre so schön, würden Christen nicht in diese Falle tappen, sondern gerade jenen mit Achtung begegnen, mit denen sie nicht einer Meinung sind.
Leitartikel vom 16. Feber 2014