"Wer unter der Woche erpresst, betrügt und Morde anordnet, ist am Sonntag auch dann kein Nachfolger Christi, wenn er in der Kirche eine Kerze anzündet", erklärt Michael Prüller.
"Wer unter der Woche erpresst, betrügt und Morde anordnet, ist am Sonntag auch dann kein Nachfolger Christi, wenn er in der Kirche eine Kerze anzündet", erklärt Michael Prüller.
Frömmigkeitsrituale sind kein magisches Schutzmittel, so Michael Prüller in seiner Kolumne vom 13. Juli 2014.
Oppido Mamertina ist eine Stadt in Kalabrien, an der Zehenspitze des italienischen Stiefels. Mit dem Auto etwa eineinhalb Tagesreisen von Wien entfernt. Dort hat am Sonntag die Prozession einer Bruderschaft beim Haus von Giuseppe Mattagazzi gehalten und ihm mit einer Verneigung der mitgeführten Marienstatue die Reverenz erwiesen.
Der 82-jährige Mattagazzi ist einer der Capos jener Mafiafamilie, die in der Region das Speditionsgeschäft kontrolliert. Ihm wird der Mord an widerspenstigen Lkw-Fahrern vorgeworfen. Seine Haft darf er wegen seines Alters in Hausarrest verbringen.
Solche Aktionen wie bei der Prozession hat es bisher wohl oft gegeben. Neu ist, dass sie als Skandal gesehen werden. Sogar die italienische Bischofskonferenz hat scharf reagiert. Spätestens seit den starken Aussagen des Papstes vor wenigen Wochen – Mafiosi seien exkommuniziert – ist klar, dass sich das Verhältnis von Kirche und Mafia ändert.
Der Papst hat damals natürlich keine formelle Exkommunikation ausgesprochen. Er wollte vielmehr deutlich machen, dass man nicht gleichzeitig wahrer Christ und Mafioso sein kann. Wer unter der Woche erpresst, betrügt und Morde anordnet, ist am Sonntag auch dann kein Nachfolger Christi, wenn er in der Kirche eine Kerze anzündet.
Frömmigkeitsrituale sind kein magisches Schutzmittel, um die himmlischen Mächte gnädig zu stimmen, damit man dann umso fröhlicher weitersündigen kann. Das gilt freilich nicht nur den großen Mafiosi, sondern auch uns kleinen Alltagsgaunern.