Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Menschen sind nun einmal seltsame Wesen.
Manchmal macht man sich schon Sorgen um den geistigen Zustand der Menschheit. Etwa wenn es um das „Selfie“ geht. So nennt man Fotos, die man mit dem Handy von sich selbst schießt.
Unser Kardinal hat vorige Woche so ein Portrait auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht, nur mit dem Text: „Mein erstes Selfie“. Riesenecho: Viele österreichische Medien haben darüber berichtet, 400.000 Leute haben es sich angeschaut.
Offenbar verstehen viele unter einem Kardinal immer noch einen weltfremden oder im Mittelalter steckengebliebenen Kirchenfürsten, für den ein Handy Teufelszeug ist. Oder ist tatsächlich ein Selfie interessanter als alle Gedanken des Kardinals zum Evangelium, über Gottes Barmherzigkeit oder den Papst, der „eher ein Prophet als ein Revolutionär ist“, und über die kaum ein Medium ein Wort verloren hat?
Es hat keinen Sinn, gegen die Medien zu wettern. Die bringen meistens nämlich genau das, was die Leser, Hörer und Zuschauer lesen, hören oder sehen wollen. Es hat aber auch keinen Sinn, über die Leser, Hörer und Zuschauer zu lästern. Mir fällt da immer der frühere deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer ein, der einem seiner Staatssekretäre gesagt hat: „Sie müssen die Menschen nehmen, wie sie sind. Andere gibt’s nicht."
So ist es. Menschen sind nun einmal seltsame Wesen. Und dass wir nicht immer rational, nüchtern, tiefschürfend sind, sondern eben schräge Vögel – das ist offenbar Teil unserer Liebenswürdigkeit. Sonst hätte Gott, der uns alle liebt, uns doch ganz anders gemacht.
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