Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Ich wette, viele von Ihnen überrascht es ebenso wie mich, dass der Papst an die erste Stelle das tägliche Lesen im Evangelium gesetzt hat.
Die väterliche Art von Papst Franziskus täuscht darüber hinweg, wie streng er ist. Er formuliert ziemlich hart, wo es um halbherziges Christsein geht. Kürzlich hat er
davon gesprochen, dass es gut ist, dass wir Christen mitten in der Welt leben. Aber dass das auch die Gefahr in sich birgt, „dass wir zu stark verweltlichen, dass wir ,verwässern‘ und die Kraft des Neuen verlieren, die uns vom Herrn und vom Heiligen Geist kommt."
Es sei „traurig, verwässerten Christen zu begegnen; man weiß nicht recht, ob sie Christen oder Verweltlichte sind“. Wir müssten uns ständig erneuern, sagt der Papst, indem wir „aus dem Lebenssaft des Evangeliums" schöpfen und versuchen, Christus, nicht der Welt, gleich zu werden.
Aber wie macht man das? Franziskus hat als guter Vater auch gleich Hilfe parat: das tägliche Lesen im Evangelium („es wird euch gut tun, immer ein Evangelium bei euch zu haben; ein kleines Evangelium, eine Taschenbuchausgabe"), der Besuch der Sonntagsmesse und das Gebet.
Ich wette, viele von Ihnen überrascht es ebenso wie mich, dass er an die erste Stelle das tägliche Lesen im Evangelium gesetzt hat. Das gilt ja sonst eher als Kür, weniger als Pflicht. Aber: Immer wieder begegnen mir Menschen – einer ist etwa Student im Wiener Priesterseminar –, die ohne jede Vermittlung, nur durch das Lesen der Bibel gläubig geworden sind. Die von Jesus Christus „überwältigt worden" sind, wie es einmal so jemand geschrieben hat.
Im Wort Gottes begegnet man Gott selbst. Ich weiß das. Aber ich bin trotzdem faul, wenn es ums Bibellesen geht. Gut, dass der Papst mit mir streng ist.