Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Michael Prüller ist Chefredakteur des Sonntags - die Zeitung der Erzdiözese Wien, Pressesprecher von Kardinal Christoph Schönborn und Leiter des Amts für Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation.
Wie weit geht meine Freundschaft mit Christus – und damit auch meine Freundschaft mit seinen Freunden, mit den Armen aller Art?
Kürzlich hat der Papst davon gesprochen, dass „in christlichen Familien die Regel der Gastfreundschaft immer heilig war: Dass nie ein Essen und ein Bett für den fehlt, der es braucht.“ Das hat mich an die Erzählungen meines Vaters erinnert, der auf dem Bauernhof aufgewachsen ist. Wenn damals Landstreicher vorbeizogen – „Fechter“ genannt –, so haben sie immer eine Suppe bekommen und einen Schlafplatz im Heu. Allerdings wurden ihnen zur Sicherheit die Ausweise und die Zündhölzer abgenommen und erst bei der Weiterreise wieder ausgehändigt.
An unsere Haustür hat noch kein Bettler geklopft und um einen Schlafplatz für die Nacht gebeten. Ich frage mich, was ich dann täte. Immerhin wären damit ja auch Risiken für die Familie verbunden. Und in einem Obdachlosenheim hätte er es doch besser. Und in einem so reichen Land sollte sich eigentlich der Staat darum kümmern…
Die Frage nach der Gastfreundschaft, nach dem Essen und dem Bett für den, der es braucht, bezieht sich auch auf die Flüchtlinge. Klopfen die nicht längst an unsere Tür? Wie weit muss unsere Hilfe gehen? Müssen wir da selber etwas tun? Spenden – und wenn ja, wie viel? Oder gar Familien zuhause aufnehmen?
Wie weit Barmherzigkeit zu gehen hat – dafür hätte ich manchmal gern eine klare Anweisung. Die Kirche bietet aber höchstens Richtwerte an. Ich muss mir die Frage selber beantworten: Wie weit geht meine Freundschaft mit Christus – und damit auch meine Freundschaft mit seinen Freunden, mit den Armen aller Art? Das ist manchmal richtig anstrengend. Aber so ist es nun einmal mit der Liebe.