Ich müsste „endlich den Missbrauch des Gartens unterlassen, den Gott uns anvertraut hat, so dass alle die Früchte dieses Gartens genießen können.“
Ich müsste „endlich den Missbrauch des Gartens unterlassen, den Gott uns anvertraut hat, so dass alle die Früchte dieses Gartens genießen können.“
Wer sich was auf sein Christsein einbildet, hat es nicht verstanden.
Der Papst ist ein heilsamer Spielverderber. Wo immer die Kirche Gefahr läuft, selbstgefällig die eigene Gutheit zu feiern, zertrümmert uns Franziskus mit ein paar Sätzen die selbstgezimmerte Idylle:
Christsein ist nicht behaglich oder nett, sondern missionarisch und hat den Armen, den Ausgegrenzten im Fokus, und damit Punkt.
Wer sich was auf sein Christsein einbildet, hat es nicht verstanden.
Aber auch der Welt gegenüber ist Franziskus ein Idyllen-Zertrümmerer. Er hat das soeben wieder gezeigt – in seiner Videobotschaft zur Eröffnung der Weltausstellung in Mailand.
Die Expo 2015 hat zum Titel: „Den Planeten ernähren – Energie fürs Leben“ und hat alle Merkmale einer „guten“ Sache: Sie ist nicht bloß eine Leistungsschau, sondern will den Diskurs um Nachhaltigkeit und die Existenzgrundlagen der Menschheit fördern.
Und der Papst sagt darauf: Wo sind hier „die Gesichter der Männer und Frauen“ zu sehen, „die Hunger haben, krank werden und sterben, weil sie keine oder nur schädliche Ernährung haben“?
Und der Papst geht sogar so weit zu sagen, dass die Expo selbst der „Kultur des Überflusses, des Wegwerfens“ gehorche.
Darauf kann man nun mit Widerspruch reagieren: Auf der Expo spielt das Thema Nachhaltigkeit ja doch eine große Rolle! Oder man kann sie als Herausforderung der eigenen Genügsamkeit oder der eigenen Komplizenschaft mit einer Kultur des Immer-noch-Mehr begreifen.
Auch in mir regt sich gern der Widerspruch: Wie sehr geht mir etwa auf die Nerven, wenn der Naturschutz wie eine Religion daherkommt!
Aber als Katholik kann ich den Papst nicht leichtfertig abtun, etwa wenn er mir ins Gewissen redet, ich müsste „endlich den Missbrauch des Gartens unterlassen, den Gott uns anvertraut hat, so dass alle die Früchte dieses Gartens genießen können.“
Michael Prüller ist Chefredakteur des „Sonntag“ und Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.
Seit fast 30 Jahren ist er Journalist, Ehemann und Vater.
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