Wie viele haben sich in ihrer Verlorenheit dazu entschieden, einem Fremden nachzufolgen? Und wie viele würden gerne zum Infostand ihres Lebens gehen und sagen: Ich bin verloren – bitte hole mich ab.
Wie viele haben sich in ihrer Verlorenheit dazu entschieden, einem Fremden nachzufolgen? Und wie viele würden gerne zum Infostand ihres Lebens gehen und sagen: Ich bin verloren – bitte hole mich ab.
Den Weg finden in der Nachfolge Christi.
Vor ein paar Tagen habe ich in einem Bahnhof etwas Erstaunliches gesehen: ein kleines Kind, vielleicht drei Jahre alt, das sich wie ein Erwachsener mit großer Sicherheit seinen Weg durch die Menge gebahnt hat. Das Rätsel der vermeintlichen Frühreife hat sich schnell geklärt: Das Kind war einfach in einem Abstand von drei oder vier Metern seiner Mutter nachgegangen, die ich zunächst gar nicht bemerkt hatte.
Weil man im Urlaub Muße zum Nachdenken hat, wurde mir das Ganze zu einer Metapher – dass wir auf dieser Welt alle Kinder sind, die ihren Weg finden, wenn sie Christus nachfolgen wie dieser kleine Bub seiner Mutter. Woher hatte er seine Sicherheit? Vielleicht hat er erlebt, dass die Mutter ihn nicht verlorengehen lässt. Dass sie stehenbleibt, sich immer wieder umdreht und Sichtkontakt herstellt. Dass sie ihn ruft, wenn er sie einen Moment lang aus dem Blick verloren hat. Und vielleicht ist er schon einmal verlorengegangen, und nach ein paar Schreckminuten hat ihn seine Mutter am Infostand abgeholt und alles war wieder gut.
Wie viele Menschen gehen durchs Leben und haben noch gar nicht gemerkt, dass sie ihren Leitstern aus den Augen verloren haben? Oder sind sich gewahr geworden, dass sie im Chaos der Welt stehen und niemand in Sicht ist. Wie viele haben sich in ihrer Verlorenheit dazu entschieden, einem Fremden nachzufolgen? Und wie viele würden gerne zum Infostand ihres Lebens gehen und sagen: Ich bin verloren – bitte hole mich ab. Es liegt an der Kirche – also an uns – zu zeigen: Es gibt diesen Infostand, du darfst ihn ansteuern, und du musst nur ein wenig Geduld haben. Habe Hoffnung, denn Christus holt jeden ab, der auf ihn wartet.
Michael Prüller ist Chefredakteur des "Sonntag" und Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.
Seit fast 30 Jahren ist er Journalist, Ehemann und Vater und seit kurzem auch Großvater.
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