Es ist immer wieder meine ganz bewusste Wahl ist. Niemand kann sie mir abnehmen. So frei will mich Gott. So viel traut er mir zu.
Es ist immer wieder meine ganz bewusste Wahl ist. Niemand kann sie mir abnehmen. So frei will mich Gott. So viel traut er mir zu.
Ich bin einer von denen. Ich weiß, dass ich am Ende an meinen Entscheidungen gemessen werde.
Am Montag wartete ich abends müde auf die U-Bahn, als sich ein Herr neben mich setzte. Dass er betrunken war, merkte ich erst, als er sich zu mir wendete und mich mit der Frage überraschte: „Sind Sie auch einer von denen?“
Ich fragte belustig zurück: „Von welchen?“ Lange Pause, dann: „Einer von denen, die wählen müssen.“
Ich, an die Wiener Wahl denkend: „Nein, zu denen gehöre ich nicht. Ich wohne in Niederösterreich.“
Er, unbeirrt: „Sie wissen eh, was wir wählen müssen?“ Ich: „Nein, was denn?“
Er wiederholt seine Frage, schaut mich lange an, erklärt „Ich lasse Sie weiterschlafen“, steht auf und geht.
Sie halten mich jetzt vielleicht für blöd, aber mich hat dieses Gespräch gepackt.
Ja, ich bin einer von denen. Ich weiß, dass ich am Ende an meinen Entscheidungen gemessen werde, an der Wahl, die ich getroffen habe und daran, wie ich ihr treu geblieben bin.
Und ich weiß auch, wofür ich mich entscheiden muss im Leben: für die Nachfolge Christi. Christsein besteht aus nichts anderem, als aus dieser großen Entscheidung, der dann lauter kleine folgen. Und aus der Gnade, die dieser Entscheidung vorausgeht und ihr folgt.
Das Herausfordernde am Christsein ist, dass wir einen Maßstab haben bei jeder Wahl, die wir zu treffen haben – ob es sich nun um die Entscheidung für eine Partei handelt oder um die Frage, wie ich mein Privat- oder Berufsleben gestalte.
Der Maßstab heißt: Was würde Jesus tun? Darum geht es, im Leben, in der Kirche, bei der Bischofssynode: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein.“
Der seltsame Mann am Bahnsteig hat mir nachdrücklich ins Bewusstsein gerufen, dass das immer wieder meine ganz bewusste Wahl ist. Niemand kann sie mir abnehmen.
So frei will mich Gott. So viel traut er mir zu.
Dr. Michael Prüller ist Chefredakteur des "Sonntag" und Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.
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