Der Papst hat auch über die Tugenden gesprochen, die man – von der „Wohlstandswelt“ vergessen – in Elendsvierteln findet:
Der Papst hat auch über die Tugenden gesprochen, die man – von der „Wohlstandswelt“ vergessen – in Elendsvierteln findet:
Die Botschaft des Papstes: Für ein erfülltes Leben ist unser stetig wachsender Wohlstand nicht unabdingbar. Unser Geld mag bequem sein, ist aber nicht wesentlich.
Kangemi ist ein Slum in Nairobi, der Hauptstadt Kenias in Ostafrika. Zwischen 100.000 und 650.000 Menschen leben hier. In Kangemi gibt es eine katholische Pfarre, St. Josef der Arbeiter, mit 20.000 Pfarrkindern – mindestens die Hälfte von ihnen sind tatsächlich Kinder, die in dieser Gegend ohne Frischwasser und Kanal aufwachsen.
In seiner Ansprache in Kangemi am Freitag hat der Papst gesagt: „Der Weg Jesu begann in den Randgebieten, er geht aus von den Armen und geht mit den Armen zu allen.“
Er hat auch über die Tugenden gesprochen, die man – von der „Wohlstandswelt“ vergessen – in Elendsvierteln findet: „Solidarität..., die Geburt dem Tod vorzuziehen; den Verstorbenen ein christliches Begräbnis zu geben; dem Kranken einen Platz zu bieten; mit dem Hungrigen zu teilen, Geduld und Stärke gegenüber großen Widrigkeiten zu zeigen...“
Ich verstehe den Vorwurf, der Papst verkläre hier die Armut. Alles, was der Papst genannt hat, kann man auch in reichen Gegenden erleben.
Steht hinter diesem Lob der Armut das Erstaunen des Wohlstandsbürgers, dass auch die Armen zu Tugenden und Lebensfreude fähig sind?
So ähnlich wie eine Touristin, die eine Führung durch Kangemi mitgemacht hat und im Internet schreibt: „Ich habe immer gedacht, ein Slum ist ein Ort gänzlich ohne Hoffnung, Leben und Fröhlichkeit. Das Gegenteil ist der Fall!“
Aber vielleicht ist gerade das die Botschaft des Papstes: dass wir aufhören müssen zu glauben, für ein erfülltes Leben sei unser stetig wachsender Wohlstand unabdingbar. Unser Geld mag bequem sein, ist aber nicht wesentlich.
Das ist eine befreiende Botschaft – die wirklich von den Armen ausgeht und mit ihnen zu uns kommt.
Dr. Michael Prüller ist Chefredakteur des "Sonntag" und Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
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