Mehr als 90 Prozent von „Amoris laetitia“ befassen sich damit, wie diese Liebe vorbereitet, gestärkt, wiedergefunden werden kann.
Mehr als 90 Prozent von „Amoris laetitia“ befassen sich damit, wie diese Liebe vorbereitet, gestärkt, wiedergefunden werden kann.
Diese Fußnote hat große Bedeutung. Aber noch wichtiger ist der allgemeine Kurs, den der Papst vorgibt: Jeder Mensch, der Gott sucht, darf seinen Weg zu Christus inmitten der Kirche gehen.
Von einem Papst verlangt man als Katholik in der Regel, dass er mit beeindruckenden Worten und großer Klarheit das sagt, was man selber denkt. Tut er das in einem Lehrschreiben, dann lobt man es als wegweisend und tiefsinnig.
Tut er das in einem Lehrschreiben nicht, dann schweigt man darüber mit gequältem Gesichtsausdruck, oder man sagt je nach Temperament, dass der Papst ängstlich, fehlgeleitet, unklar, oder irrgläubig ist.
Doch der Papst ist nicht dazu da, meine Sichtweise zu bestätigen.
Er wird dann richtig wertvoll, wenn er mich herausfordert. Umso mehr, wenn er ein Lehrschreiben direkt auch an mich – in diesem Fall als katholischen Ehemann – richtet.
So wäre es schade, würde man das Schreiben „Amoris laetitia“ von Papst Franziskus nur an der Fußnote zu Punkt 351 beurteilen. Sie hält fest, dass die Kirche „in gewissen Fällen“ auch Menschen in „sogenannten irregulären“ Verhältnissen die Hilfe der Sakramente gewähren soll. Diese Fußnote hat große Bedeutung. Aber noch wichtiger ist der allgemeine Kurs, den der Papst vorgibt: Jeder Mensch, der Gott sucht, darf seinen Weg zu Christus inmitten der Kirche gehen.
Aber nicht einmal das ist der Kern das Papstschreibens – so herausfordernd dieser Weg des Eingliederns in der Praxis auch ist.
Mehr als 90 Prozent von „Amoris laetitia“ befassen sich mit dem oft Schwierigsten im Leben: der Liebe in den Familien – zwischen Eheleuten, Geschwistern, den Generationen untereinander. Und damit, wie diese Liebe vorbereitet, gestärkt, wiedergefunden werden kann.
Mein Tipp: Lesen Sie in Ruhe das ganze Schreiben. Und überprüfen Sie dabei nicht, ob der Papst Ihnen Recht gibt, sondern lassen Sie sich auf seine Anliegen ein.
Immerhin ist er doch eines der Lieblingswerkzeuge des Heiligen Geistes.
Nachsynod. Apost. Schreiben "Amoris laetitia" in deutscher Sprache
Dr. Michael Prüller ist Chefredakteur des "Sonntag" und Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.
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