Dass die Kirche heilig ist, bedeutet „nur“, dass sie Gottes Kirche ist, sein Werkzeug für das Heil der Menschheit, trotz ihrer menschlichen Tor- und Bosheiten.
Dass die Kirche heilig ist, bedeutet „nur“, dass sie Gottes Kirche ist, sein Werkzeug für das Heil der Menschheit, trotz ihrer menschlichen Tor- und Bosheiten.
Zunächst einmal: „Heilig“ heißt in diesem Zusammenhang nicht „makellos“ oder „vorbildlich“ oder „ohne Sünden“. In der aus dem Judentum kommenden christlichen Tradition bezeichnet „heilig“ all das, was anders ist, weil es ganz Gott gehört
In einem Interview hat der Meinungsforscher Werner Beutelmeyer von einer Umfrage erzählt: An welche Teile des Glaubensbekenntnisses glauben Sie? An erster Stelle nannten die Leute: „gekreuzigt, gestorben und begraben“.
An allerletzter Stelle stand die „heilige, katholische Kirche“. Dazu habe die Kirchengeschichte beigetragen, aber auch Aktuelles wie Missbrauch oder manche Bischofsernennung der 90er-Jahre. Beutelmeyer: „Selbst jene, die sich als wirklich katholisch bezeichnen, sprechen der Kirche diese Heiligmäßigkeit ab.“
Zunächst einmal liegt hier ein Irrtum vor. „Heilig“ heißt in diesem Zusammenhang nicht „makellos“ oder „vorbildlich“ oder „ohne Sünden“.
In der aus dem Judentum kommenden christlichen Tradition bezeichnet „heilig“ all das, was anders ist, weil es ganz Gott gehört. Zum Beispiel der Heilige Sonntag, das Heilige Land, die Heilige Schrift...
Sie alle müssen für ihre Heiligkeit nicht besonders brav oder edel sein, genauso wenig wie der Heilige Stuhl. Auch dass man den Papst „Eure Heiligkeit“ anspricht, bezieht sich nicht auf seinen Charakter, seine Tugenden oder seine guten Werke, sondern auf sein Amt, das ganz zu Gott gehört.
Dass die Kirche heilig ist, bedeutet also „nur“, dass sie Gottes Kirche ist, sein Werkzeug für das Heil der Menschheit, trotz ihrer menschlichen Tor- und Bosheiten.
Und doch haben die Leute schon auch das richtige Gespür, wenn sie sich erwarten, dass sich eine von Gottes Gnade besonders berührte Gemeinschaft doch auch irgendwie heiliger anfühlen müsste. „Die Christen müssten mir erlöster aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte“, hat der Philosoph Friedrich Nietzsche gesagt, der in einem Pfarrhaus aufgewachsen ist. Ich erlebe zwar oft, dass Christen tatsächlich erlöster aussehen und sogar erlöster handeln als andere. Aber seien wir uns ehrlich: Da
gibt es – auch bei mir – noch
viel Luft nach oben.
Dr. Michael Prüller ist Kommunikationschef der Erzdiözese Wien und Geschäftsführer der St. Paulus-Medienstiftung.
weitere Texte von Michael Prüller
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at