Früher war Rom vor allem letzte Instanz. Am eindeutigsten, wenn der Papst ex cathedra Glaubenswahrheiten klarstellte. - Das ist immer noch Teil seines Amtes.
Früher war Rom vor allem letzte Instanz. Am eindeutigsten, wenn der Papst ex cathedra Glaubenswahrheiten klarstellte. - Das ist immer noch Teil seines Amtes.
Will der Papst mit dem Müller-Nachfolger Ladaria Ferrer eine neue Ära einleiten?
Nun hat also Papst Franziskus sich von seinem obersten „Glaubenswächter“, dem Präfekten der Glaubenkongergation Kardinal Gerhard Ludwig Müller getrennt. Die "Propheten" haben Hochkonjunktur: Will der Papst mit dem Müller-Nachfolger Ladaria Ferrer eine neue Ära einleiten? Oder steht der Mann, der unter Johannes Paul II. Karriere gemacht und von Papst Benedikt zum Generalsekretär der Glaubenskongregation ernannt wurde, für Kontinuität?
Man wird sehen.
Viel spannender finde ich, wie sehr sich im Lauf der letzten Jahrzehnte die Rolle des päpstlichen Lehramtes geändert hat. Früher war Rom vor allem letzte Instanz. Wenn in den Diözesen Unklarheit entstand, wenn sich theologische Dispute verhedderten, entschied Rom. Am eindeutigsten, wenn der Papst ex cathedra Glaubenswahrheiten klarstellte. Das ist immer noch Teil seines Amtes.
Aber während ihn früher fast nur Bischöfe und Herrscher hörten, erfährt der gewöhnliche Mensch dank der Massenkommunikationsmittel heute öfter vom Papst als von seinem eigenen Pfarrer. Der Papst ist damit für viele Millionen zur ersten und wichtigsten Informationsquelle zu Kirche und Glaube geworden. Wenn Rom zur Welt spricht, muss es daher zuallererst um die Erlösung durch Jesus Christus und das sich daraus ergebende Gebot der Liebe gehen – um die frohe Botschaft.
Der Papst ist heute Missionar Nummer eins. Franziskus führt konsequent weiter, was schon seine Vorgänger erkannt haben.
Vielleicht bedeutet die Ernennung eines soliden, aber zurückhaltenden Glaubenswächters bloß, dass Franziskus die frohe Botschaft noch mehr herausstellen möchte, indem er Fragen der theologischen Disziplin dezenter, mehr im Hintergrund, behandeln lässt. Nicht, weil sie unwichtig wären. Sondern weil sie keine Hauptnahrung sein können für die Vielen, die so hungrig sind nach dem, was unser Glaube verheißt.
Dr. Michael Prüller ist Kommunikationschef der Erzdiözese Wien und Geschäftsführer der St. Paulus-Medienstiftung.
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