Kann sich bei ihnen die Theorie von Vergebung und Versöhnung in Realität verwandeln?
Kann sich bei ihnen die Theorie von Vergebung und Versöhnung in Realität verwandeln?
Kann sich die Theorie von Vergebung und Versöhnung in Realität verwandeln? Im Blick auf Christus, der alle liebt und für alle gelitten hat – ob Katholiken, Orthodoxe, Muslime oder vermeintlich gottlos – vertraue ich, dass es mit der Zeit doch gelingt.
Gelegentlich finden die Treffen der österreichischen Bischofskonferenz im Ausland statt. Diesmal war Sarajewo dran, die Hauptstadt von Bosnien-Herzegovina.
Man kann sich heute kaum noch vorstellen, was vor 25 Jahren in einem dreieinhalbjährigen Bürgerkrieg dort passierte: 100.000 Todesopfer. Mehr als zwei Millionen Vertriebene. Allein im Massaker nach der Einnahme der Stadt Srebrenica wurden 8000 junge und alte Männer ermordet, manche erst 13 Jahre alt. Auch in der unmittelbaren Umgebung von Sarajewo wurden bei Massenmorden in den Dörfern 2000 bis 3000 Zivilisten umgebracht.
Alles, was man dazu sagen möchte, bleibt irgendwie distant, blass. Bischof Glettler hat aufgerufen, „Prozesse der Versöhnung“ zu stärken, Kardinal Schönborn hat davon gesprochen, dass das Kreuz ein Freidenszeichen sein müsse, weil Jesus nicht Gewalt geübt, sondern erduldet und überwundet hat. Und Erzbischof Lackner erinnerte daran, dass der Christ eine „bedingungslose Verpflichtung zum Verzeihen“ habe.
Von „Läuterung und Lernen aus der Geschichte“ redet das Hirtenwort der Bischöfe, dass zwar Österreichs Vergangenheit anspricht, aber beziehungsvoll in Sarajewo veröffentlicht wurde.
Sie haben alle Recht. Aber dann denke ich an die Menschen, die ich dort gesehen habe, wenige Jahre nach Kriegsende, apathisch vor immer noch halbzerstörten Häusern, und mit ausdruckslosen Gesichtern ins Leere schauend. Was sie alles erlebt haben mögen, als Opfer oder Täter oder beides.
Kann sich bei ihnen die Theorie von Vergebung und Versöhnung in Realität verwandeln?
Ich weiß es nicht. Aber im Blick auf Christus, der alle liebt und für alle gelitten hat – ob Katholiken, Orthodoxe, Muslime oder vermeintlich gottlos – vertraue ich, dass es mit der Zeit doch gelingt. Und werde beschämt, wenn ich daran denke, wie schwer es mir manchmal fällt, die kleinen Verletzungen zu vergeben, die mir zugefügt werden.
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