Der andere ist aber tief betroffen und bittet Christus: „Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“
Der andere ist aber tief betroffen und bittet Christus: „Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“
Eine für mich zentrale Stelle der Leidensgeschichte Jesu steht nur im Lukasevangelium und kommt daher heuer in der Karwoche gar nicht vor. Aber mich erwischt sie jedes Mal kalt, auch wenn sie in den Texten der Karwoche nur mitschwingt.
Es geht um die beiden Verbrecher, die mit Christus gekreuzigt werden. Sie waren wohl wirklich üble Burschen. Die Bibel bezeichnet sie als „Kriminelle“ oder „Räuber“, und der eine von ihnen bekennt, dass sie ihre außerordentlich schwere Strafe zurecht erleiden.
Im Lukasevangelium (Lk 23,39) verhöhnt der eine Verbrecher Christus wegen dessen vermeintlicher Machtlosigkeit. Der andere ist aber tief betroffen und bittet Christus: „Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst!“ Worauf Christus sagt: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“
Für mich ist hier in wenigen Worten alles eingeschlossen, worum es in der Kirche geht: dieses tiefe Vertrauen zu Christus zu finden und zu vermitteln.
Ein Vertrauen, in dem der gebeugte Mensch sich wieder ganz aufrichten kann. Und dass wir nur diese Alternative haben: das Vertrauen, dass Christus Gott ist und am Ende alles gut machen wird – oder die Flucht in den Zynismus.
Und ist Sünde nicht all das, was uns dieses Vertrauen vermiest oder uns von diesem Vertrauen abbringen kann? Sodass wir Gefahr laufen, in der entscheidenden Situation zu sagen: Was soll ich mit einem Gott, der eh nicht das macht, was ich von ihm will?
An Tagen, an denen ich auf meine Rechtschaffenheit stolz bin, führe ich mir diesen Räuber vor Augen, der sich nur im letzten Winkel seines Herzens einen Funken Güte bewahrt hat und über dessen Reue und Besserungsvorsatz nichts bekannt ist.
Und trotzdem – oder deswegen? – genügt seine kleine, vertrauensvolle Bitte „Denk an mich!“, damit er noch vor allen großen Heiligen ins Paradies aufgenommen wird.
Das ist so groß, das es mich wunderbar klein macht.
Und das ist Ostern.
Der Autor:
Ostern - Jesus ist auferstanden!
weitere Informationen zu
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at