Wo Geschwister versuchen, gut zueinander zu sein, dort werden sie zu den besten Freunden, die es gibt.
Dienstag 19. November 2024
31.01.2020
· Aus der Diözese · Glaubenswissen
Freunde oder Geschwister?
Die Metaphern, die wir im Reden über die Kirche gebrauchen, sind zwar aussagekräftig, haben aber auch ihre Grenzen.
Die Kirche, für viele ein Reizwort, sei für ihn immer ein Zuhause gewesen, sagte Kardinal Schönborn in seiner Dankansprache zum 75. Geburtstag. Ein Zuhause ist nicht immer heil, das habe er an der eigenen Familie erlebt, aber es ist doch ein Ort der Geborgenheit. Bei anderen Gelegenheiten hat der Kardinal immer wieder hinzugefügt, dass unser eigentliches Zuhause freilich der Himmel ist.
Überhaupt muss man sagen, dass die Metaphern, die wir im Reden über die Kirche gebrauchen, zwar aussagekräftig sind, aber doch auch ihre Grenzen haben.
Manchen ist die Kirche eine Familie, manchen eine Mutter, manche sehen etwa im Papst einen Vater. Aber unsere leiblichen Väter werden nicht in einem Konklave gewählt. Und unsere Mütter werden irgendwann alt und müde – und vielleicht irgendwann zum Pflegefall. Die Kirche aber bleibt ewig jung, höchstens wir werden alt und verbraucht.
Und wie ist das mit uns „Brüdern und Schwestern“?
Vor dem Fall des Eisernen Vorhangs gab es einen Witz: Der Lehrer fragt in der polnischen Schule: „Ist die Sowjetunion unser Bruder oder unser Freund?“ Der kleine Leszek sagt: „Ein Bruder!“ Der Lehrer: „Warum?“ Leszek: „Einen Freund kann man sich aussuchen!“
So mag es auch vielen Brüdern und Schwestern in der Kirche gehen. Aber das ist immerhin tatsächlich wie mit der Familie. Die hat man sich ja auch nicht ausgesucht. Und wo man ständig nach den Fehlern und Missetaten der anderen sucht, dort wird die Familie zur Qual.
Aber wo Geschwister versuchen, gut zueinander zu sein, dort werden sie zu den besten Freunden, die es gibt. „Freunde“ – so hat uns Christus genannt. Und das war keine Metapher. Vielleicht ist es sogar der größte Auftrag von allen.
erstellt von: Der SONNTAG / Michael Prüller
Weitere Informationen:
Michael Prüller
Pressesprecher der Erzdiözese Wien
weitere Texte von Michael Prüller
weitere Informationen zu
die Zeitung der Erzdiözese Wien
Stephansplatz 4/VI/DG
1010 Wien
T +43 (1) 512 60 63
F +43 (1) 512 60 63-3970
E-Mail-Adresse: redaktion@dersonntag.at
Nachrichten
