Ich bin für Wachsamkeit. Und man soll die Maßnahmen gegen Corona ruhig kritisch sehen. Opposition ist erlaubt und wichtig. Aber es ist unredlich, eine Verschwörung zu behaupten, ohne die Fakten zu nennen.
Ich bin für Wachsamkeit. Und man soll die Maßnahmen gegen Corona ruhig kritisch sehen. Opposition ist erlaubt und wichtig. Aber es ist unredlich, eine Verschwörung zu behaupten, ohne die Fakten zu nennen.
Kommunikationschef der Erzdiözese Wien geht in deutlichen Worten auf Distanz zu u.a. von Ex-Glaubenspräfekt Müller unterzeichnetem Papier.
Der Kommunikationschef der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, hat sich in deutlichen Worten vom jüngsten Corona-Aufruf von Ex-Glaubenspräfekt Kardinal Gerhard Ludwig Müller und dem pensionierten US-Nuntius Carlo Maria Vigano distanziert.
In seiner Kolumne in der neuen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Mittwoch) bezeichnet der Sprecher von Kardinal Christoph Schönborn wesentliche Teile des Aufrufs wörtlich als "unchristliche Panikmache".
"Ich bin für Wachsamkeit. Und man soll die Maßnahmen gegen Corona ruhig kritisch sehen. Opposition ist erlaubt und wichtig", hält Prüller fest: "Aber es ist unredlich, eine Verschwörung zu behaupten, ohne die Fakten zu nennen, die man anspricht, und ohne die 'Kräfte' zu definieren, die uns versklaven wollen. Ohne einen einzigen Beleg wird den Politikern, Wissenschaftlern, Medienleuten und Bischöfen unterstellt, dass sie nicht verantwortungsbewusst handeln, sondern entweder ahnungslose Handlanger oder vielleicht sogar selber Weltverschwörer sind."
Die Gruppe um Vigano und Müller hatte in einem internationalen Aufruf vor einigen Tagen die Aufhebung sämtlicher Beschränkungen für Gottesdienste gefordert. In dem Text findet sich auch eine Warnung, nach der die Corona-Pandemie genutzt werden solle, um eine "Weltregierung" zu schaffen, "die sich jeder Kontrolle entzieht". Sie werde als Vorwand genutzt, um "Grundfreiheiten unverhältnismäßig und ungerechtfertigt" einzuschränken.
Kritisch zu dem Schreiben äußerte sich in Österreich auch der Theologe Gunter Prüller-Jagenteufel im Interview der Kooperationsredaktion der heimischen Kirchenzeitungen. Er ortet in dem Text u.a. eine "zerstörerische Kampfrhetorik". Dem an der Universität Wien lehrenden Theologen stößt dabei schon der Einleitungssatz auf, wo mit der Formulierung "In einer Zeit schwerster Krise erachten wir Hirten der katholischen Kirche, aufgrund unseres Auftrags, es als unsere heilige Pflicht ..." offenbar der Eindruck eines offiziellen Kirchendokuments erweckt werden soll. Prüller-Jagenteufel sieht darin "Hybris" der bischöflichen Proponenten des Aufrufs, von denen die meisten emeritiert sind: "Die Hirten der Kirche sind die Ortsbischöfe, die Bischofskonferenzen, der Papst."
Zum Anliegen des Aufrufs, auf alle Beschränkungen bei öffentlichen Gottesdiensten zu verzichten, erinnert der Theologe, dass auch die Kirche an rechtliche Regelungen vonseiten des Staates gebunden sei. Basis für das Vorgehen seien zudem "nicht einzelne wissenschaftliche Sonderpositionen, sondern der breitestmögliche Konsens der Wissenschaft, der zurzeit zu erreichen ist" so Prüller-Jagenteufel. Niemand würde ernsthaftes Interesse daran haben, die Maßnahmen länger aufrechtzuerhalten als unbedingt notwendig.
Schutzmaßnahmen sinnvoll
Auf die Notwendigkeit der in Österreich von der Bischofskonferenz "in Eigenverantwortung" beschlossenen tiefgreifenden Einschränkungen des kirchlichen Lebens verwies auch der Presse- und Medienreferent der Österreichischen Bischofskonferenz, Paul Wuthe, zuletzt auf Anfrage von Medien. "So schmerzlich die Einschränkungen gerade im Blick auf Ostern waren, die positiven Entwicklungen bei der Eindämmung der Pandemie in den letzten Wochen zeigen, dass die Maßnahmen sinnvoll waren, was neben anderem auch zur Folge hat, dass ab 15. Mai wieder öffentliche Gottesdienste unter Auflagen stattfinden können", hielt Wuthe fest.
Die getroffenen Maßnahmen seien sowohl mit der Bundesregierung und allen anderen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften vereinbart als auch mit ausgewiesenen Experten abgeklärt worden, erinnerte Wuthe: "Die nötigen Einschränkungen waren und sind Ausdruck einer recht verstandenen christlichen Selbst- und Nächstenliebe. Dabei war für die österreichischen Bischöfe nicht zuletzt auch das Vorbild von Papst Franziskus maßgeblich. Daher unterscheidet sich die Bewertung der Corona-Pandemie durch die Österreichische Bischofskonferenz fundamental vom jüngst veröffentlichten Aufruf."