Wenn Kindern sozusagen von Beginn an vorgelesen wird, haben sie im Alter von 6 Jahren schon eine erstaunliche Kompetenz entwickelt, Geschichten in ihren ganz unterschiedlichen Varianten und Erzählformen zu verstehen.
Wenn Kindern sozusagen von Beginn an vorgelesen wird, haben sie im Alter von 6 Jahren schon eine erstaunliche Kompetenz entwickelt, Geschichten in ihren ganz unterschiedlichen Varianten und Erzählformen zu verstehen.
Was Vorlesen alles bewirken kann und warum man nicht aufhören sollte, vorzulesen, nur weil die Kinder selber lesen können. Heidi Lexe, Leiterin der Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur (STUBE) im Gespräch mit dem SONNTAG.
Die jüngste Vorlesestudie aus Deutschland, die im Vorfeld des Vorlesetages am 18. November im Auftrag von DIE ZEIT, Stiftung Lesen und Deutsche Bahn Stiftung durchgeführt wurde, zeigt es: 9 von 10 Kindern liebt das Vorlesen.
Besonders Kinder, denen wenig vorgelesen wird, wünschen es sich öfter. Und: Ein Drittel der Eltern liest nach der Meinung ihrer Kinder viel zu selten vor.
Dabei braucht es doch gar nicht viel für so einen richtig gemütlichen Vorlesenachmittag: einen Platz, an dem man sich zusammenkuscheln kann, ein gutes Buch und los geht’s.
Aber ist das mit dem Vorlesen wirklich so wichtig? Und kann man dabei nicht auch eine Menge falsch machen?
DER SONNTAG hat dazu Heidi Lexe befragt, die Leiterin der Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur (www.stube.at), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das literarische Angebot für Kinder und Jugendliche vor dem Hintergrund des vielfältigen Medienangebotes zu überblicken, zu erforschen und einzuordnen.
Auch bekommt man hier zahlreiche Tipps, welche Bücher Einzug in die Familie und die Vorleserituale finden können. „Das Vorlesen hat eine enorm wichtige Bedeutung, wenn es darum geht, Kinder an das Lesen und an Bücher heranzuführen“, sagt sie
.
Was bewirkt Vorlesen bei Kindern?
Vorlesen ist an eine Situation der Nähe gebunden, die zwischen Eltern und Kindern entsteht. Das wohlige Gefühl der Vorlesesituation wird in der Erinnerung mit dem Buch verknüpft. Damit erhält das Buch von Beginn an ein positives Image im Leben von Kindern und Jugendlichen.
Was bedeutet es für Kinder, wenn ihnen nicht vorgelesen wird?
Der kindliche Leselernprozess beginnt lange vor dem schulischen Leselernen. Er ist geknüpft an unterschiedliche Fähigkeiten: Das Lesen von Bildern ermöglicht einerseits die Herausbildung kognitiver Fähigkeiten, andererseits aber auch die Lust am Entdecken und Benennen.
Schon mit dem Bilderbuch, dann aber auch mit ersten Geschichten und Erzählungen für Kinder, die vorgelesen werden, entsteht die Lust daran, Geschichten zu folgen. Es entsteht aber auch die Fähigkeit, Geschichten in ihrem Verlauf und ihrer Struktur zu erkennen. Das Vorlesen hat also nicht nur im Sinne der Leseförderung Bedeutung, sondern auch im Sinne der Literaturförderung.
In vielen Familien wird vorgelesen, wenn die Kinder ganz klein sind. Sobald sie selber lesen können, wird das Vorlesen zugunsten des Selberlesens „abgeschafft“.
Genau in diesem für Kinder schwierigen Moment mit dem Vorlesen aufzuhören, ist eine der größten Fallen, in die man bei der Leseförderung tappen kann.
Wenn Kindern sozusagen von Beginn an vorgelesen wird, haben sie im Alter von 6 Jahren schon eine erstaunliche Kompetenz entwickelt, Geschichten in ihren ganz unterschiedlichen Varianten und Erzählformen zu verstehen. Schulisch werden sie aber auf das mühsame M-A-M-A und M-I-M-I zurückgeworfen, denn das Begreifen von Buchstaben und ihren Zusammenhängen ist ein mühsamer Prozess. Gerade in dieser Zeit ist es umso wichtiger, die Lust an Geschichten, an Literatur wach zu halten.
Die Lust am Buch soll gerade in dieser Zeit aufrecht gehalten und nicht von der Mühsal des buchstabierenden Lesens beeinträchtigt werden. Denn diese Lust an Geschichten wird dazu führen, dass Kinder später auch ohne Begleitung lesen.
In dieser Zeit sollte dann die Möglichkeit verstärkt werden, dass Kinder sich ihre Geschichten selbst aussuchen – zum Beispiel in der Bücherei. Der Zeitpunkt, wann Kinder oder Jugendliche vom Vorlesen zur Intimlektüre wechseln hat meiner Meinung nach also eher mit dem kindlichen/jugendlichen Bedürfnis zu tun, für sich zu sein, als mit Fragen des Vorlesens und der Leseförderung.
Wie liest man „richtig“ vor?
Wie immer in der Literatur gibt es auch beim Vorlesen kein richtig oder falsch. Natürlich macht es dem Kind viel mehr Spaß, etwas sehr lebendig vorgelesen zu bekommen. Wenn die Vorlesenden also verschiedene Stimmen und Tonlagen nutzen, Geräusche nachahmen und ähnliches, ist das Zuhören viel spannender.
Viel wichtiger als das Wie sind für Kinder aber fixe Leserituale innerhalb der Familie. Das Vorlesen sollte jeden Tag an dasselbe – zum Beispiel abendliche – Ritual gebunden sein.
- Tipps aus "Der SONNTAG"- Redaktion
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Schnuff ist Robins bester Freund. Da gibt es keinen Zweifel. Und Schnuff ist auch Robins Kuscheltier - damit kann er natürlich nicht sprechen, aber Robin weiß trotzdem immer, was er sagen will und dass er sich auf ihn verlassen kann.
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Vorlesegeschichten von Robin und Schnuff
2016, Thienemann Ein Imprint Der Thienemann-esslinger Verlag Gmbh
Illustriert von Marije Tolman; Übersetzt von Eva Schweikart
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Mark Sperring
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2016, Thienemann Ein Imprint Der Thienemann-esslinger Verlag Gmbh
Illustriert von Laura Fuchs
Hardcover
32 Seiten
ISBN: 978-3-522-45824-5
Wenn einer weiß, was er tut:
Als am Himmel viele, dunkle Wolken aufziehen, beginnt der kleine Hase ein Loch zu graben – schließlich braucht er doch einen Unterschlupf, wenn es zu regnen beginnt. Aber ist ein Loch da auch das richtige? Der Bär, der Dachs und der Specht sind skeptisch.
Ein Buch über Durchhaltevermögen und gesundes Selbstbewusstsein.
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