Finanzdirektor und Ökonom Josef Weiss.
Finanzdirektor und Ökonom Josef Weiss.
Josef Weiss, Finanzdirektor und Ökonom der Erzdiözese Wien, berichtet über Investitionen der Diözese.
Viele Geldinstitute haben in den letzten Jahren das Vertrauen ihrer Kunden verloren. Es stimmt traurig, dass auch das IOR (Institut für Religiöse Werke) schlicht "Vatikanbank" genannt, dazu zählt. In der gesamten Bankenlandschaft wird derzeit neu organisiert und "aufgeräumt". Es gilt – ein Prozess, den die Kirche seit geraumer Zeit auch gut kennt – wieder eine Vertrauensbasis herzustellen. Bei der Geldveranlagung spielt dabei die "ethische Ausrichtung" eine wichtige Rolle.
Für die Kirche liegt "die Latte" hoch. Sie darf keine Reichtümer anhäufen und muss ihr Geld für jene einsetzen, die es am meisten bedürfen. Im Kirchenrecht ist von der "bona temporalia" die Rede. Damit sind alle "wirtschaftlichen Werte" oder "zeitlichen Güter" gemeint, die die Kirche zur Erfüllung ihrer Sendung in dieser Welt benötigt. Die sorgsame Verwaltung geschieht in allen Diözesen Tag ein und Tag aus durch viele gute "Geister".
Zu den wirtschaftlichen Werten zählen auch die Finanzmittel. Diese werden aber nicht zum Selbstzweck gehalten, sondern sichern die laufenden Ausgaben und die erforderlichen Rückstellungen, beispielsweise für die Abfertigungen der Laienmitarbeiter/innen und die Priesterpensionen. Priester erhalten keine gesetzliche Pension sondern eine "honesta sustentatio" (angemessener Lebensunterhalt) durch den jeweiligen Bischof. Dafür muss, unter Einhaltung strenger Kriterien, eine entsprechende Vorsorge getroffen werden.
In der Erzdiözese Wien ist dafür ein "Sozialfonds" eingerichtet. Die Veranlagung der dort gehaltenen Gelder erfolgt nach den Ethikrichtlinien der Österreichischen Bischofskonferenz.
Diese sprechen eine klare Sprache: Investitionen in Unternehmen, die z.B. in der Rüstungsindustrie oder Pornographie tätig sind oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen aufweisen, sind nicht möglich. Gleiches gilt für Staaten. Der Kauf von Staatsanleihen von Ländern mit z.B. Todesstrafe, Kinderarbeit oder Menschenrechtsverletzungen ist ausgeschlossen. Diese Negativkriterien engen natürlich den Spielraum für Investitionen stark ein. Aber der Markt, sprich die Geldinstitute, haben längst erkannt, dass die ethische Geldveranlagung nicht nur für institutionelle Anleger wichtig ist, sondern auch von vielen "kleinen Sparern" gewünscht wird. Wir dürfen daher neue Angebote mit dieser Ausrichtung erwarten.
Webseite: "Der Sonntag"
Wöchtenliche Kolumne von Chefredakteur Michael Prüller im "Sonntag"
|
Der Sonntag TestaboWiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" vier Wochen gratis testen. |
Das Team der Redaktion des Sonntags |