Der lange Atem der Religion - und der Ausblick auf das Ewige - schaffen Hoffnungs- und Solidaritätspotentiale, die die Gesellschaft auch in Zukunft brauchen wird. Das unterstrich Kardinal Christoph Schönborn bei einer vorweihnachtlichen Begegnung, zu der Bundeskanzler Werner Faymann am Dienstagabend, 11. Dezember 2012, erstmals die Kirchen- und Religionsvertreter in das Bundeskanzleramt eingeladen hatte. Kardinal und Bundeskanzler betonten gleichermaßen das ausgezeichnete Miteinander der Religionsgemeinschaften in Österreich. "Für diesen Beitrag zum gemeinsamen Zusammenleben in Österreich bedanke ich mich bei ihnen", sagte der Bundeskanzler zu den zahlreichen hochrangigen Repräsentanten der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften.
Es sei Personen wie Kardinal Franz König zu verdanken, dass der interreligiöse Dialog "nicht eine leere Floskel, sondern praktizierte Realität in Österreich ist", sagte Schönborn, der in seiner Ansprache auf die religiöse Bedeutung des Advent hinwies: Es sei eine Zeit der Erwartung und des Wartens. Gerade angesichts einer weit verbreiteten Einstellung, wonach alle Erwartungen sofort einzulösen sind, könnten die Religionen demgegenüber die Grunderfahrung einbringen, etwas erwarten zu können, das letztlich in die Ewigkeit reicht. "Daraus erwachsen religiöse Werte wie Verzicht und Opferbereitschaft für den Nächsten und die kann eine Gesellschaft gut brauchen, wo vieles enger wird", hielt Kardinal Schönborn fest.
Zuvor hatte der Bundeskanzler betont, dass Respekt, Toleranz und Solidarität entscheidende Werte sind, um das Zusammenleben von Menschen friedlich und im Interesse aller zu gestalten. Der erstmalige Adventsempfang mit den Religionsgemeinschaften stehe im Zeichen des in Österreich gelebten Füreinanders und respektvollen Miteinanders. Dieses Verhältnis sei "keine Selbstverständlichkeit", zumal die wie die Geschehnisse der Vergangenheit aber auch der letzten Tage und Wochen deutlich zeigen würden, dass religiöse Intoleranz immer zu Gewalt führe. "Friedliches Zusammenleben, gemeinsames Miteinander sind Werte, die wir jeden Tag leben müssen", sagte der Bundeskanzler: "Dafür gibt es eine Formel, die immer gültig ist: Das Gemeinsame über das Trennende zu stellen. Hier sind die Religionsgemeinschaften unsere Partner."
Seitens der katholischen Kirche nahmen unter anderem Nuntius Erzbischof Stephan Zurbriggen, die Bischöfe Egon Kapellari, Christian Werner, Franz Scharl, Anton Leichtfried und Stephan Turnovszky sowie Caritas-Präsident Franz Küberl an der vorweihnachtlichen Begegnung teil. Unter den Gästen des Bundeskanzlers waren auch der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios Kardamakis, der evangelische Bischof Michael Bünker, der koptische Bischof Anba Gabriel sowie der Präsident der islamischen Glaubensgemeinschaft Fuat Sanac. Die Politik war durch die für Kultusfragen zuständige Ministerin Claudia Schmid sowie durch Staatssekretär Josef Ostermayer vertreten.