"Religion ist und bleibt ein Menschheitsthema und somit auch ein Medienthema": Das unterstrich Kardinal Christoph Schönborn am Donnerstag, in der Wiener Franziskanerkirche bei einer Adventbegegnung mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ORF. Der Wiener Erzbischof wies auf die enorme Resonanz der "Highlights des ORF-Religionsprogramms" hin: Bei den sonntäglichen Radiogottesdiensten hörten durchschnittlich zwischen 500.000 und 600.000 Interessierte zu, in der Reihe "Feierabend" am Ostermontag hätten heuer deutlich mehr als 1 Million Menschen einen Beitrag über Jerusalem-Pilger mitverfolgt. Und ORF-Generaldirektor Wrabetz bestätigte: "Religionssendungen haben beim Publikum eine sehr starke Nachfrage."
"Zeigen nicht beide Beispiele, dass Religion, dass christlicher Glaube in sehr ursprünglichen und authentischen Ausprägungen – Gottesdienst beziehungsweise Pilgern - die Menschen anzieht?", fragte der Kardinal vor zahlreichen Gästen aus dem Medienbereich. Für ihn seien die genannten Beispiele "Hoffnungssignale in einer Zeit der Umbrüche" und gleichzeitig ein Beleg dafür, dass Religion zu Recht einen festen Platz im Programmauftrag des ORF habe.
"Kirche und ORF sind nach den Worten des Wiener Erzbischofs "in gewisser Weise wesensverwandt": Beide wendeten sich "an alle", und das nicht privat und heimlich, sondern öffentlich. Dementsprechend würden beide rechtlich gesehen einen öffentlichen Status genießen - "nicht als unangemessenes Privileg, sondern aufgrund des je eigenen Auftrags im öffentlichen Interesse", sagte Schönborn.
Letztlich stünden Kirche wie auch ORF in unterschiedlicher Weise "im Dienst der Wahrheit". "Die Wahrheit bleibt ein 'Stachel im Fleisch' - für die Kirche genauso wie für Journalisten", so der Kardinal. Sich auf alle Menschen hin ausgerichtet zu wissen biete auch die "Gefahr der Anbiederung. Was für die Kirche die Versuchung eines lauen Christentums ist, ist für den Journalismus wohl das Liebäugeln mit dem Boulevard."
Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz merkte hier den beobachtbaren "medialen Trend zur Fixierung auf Zwist und Kampf" als sehr bedenklich an. "Jedes Ringen wird nahezu automatisch zu einem Kampf stilisiert, bei dem am Ende ein Sieg und eine Niederlage bleiben." Dies zeige sich auch in der Berichterstattung über die innerkirchliche Diskussion, die allzu fixiert auf Leitfragen wie "Wer teilt aus, wer steckt ein, wer gewinnt, wer unterliegt?" sei. Darunterliegende Sachfragen "bleiben auf der Strecke", bedauerte Schönborn.
Kirche und Medien, insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk stehen in der Pflicht, immer wieder den Blick auf das Ganze hin zu öffnen, und auch jenes ans Licht zu bringen, was oft übersehen oder überhört wird. Gerade darin sind die beiden Religionsabteilungen im Hörfunk und im Fernsehen geradezu vorbildlich, hielt der Vorsitzende der Bischofskonferenz fest. Er hob auch "Leistung und Stellenwert" der beiden Religions-Hauptabteilungen im ORF hervor und sagte mit Bezug auf die Ausführungen von dessen Generaldirektor: "Ich kann dazu namens der katholischen Kirche nur gratulieren und für die respektvolle Zusammenarbeit mit Blick auf die Mediennutzer danken", so Kardinal Schönborn.
Zuvor hatte Alexander Wrabetz betont, dass Religion im Programm des ORF einen Stellenwert habe, wie das wahrscheinlich in keinem anderen öffentlich-rechtlichen Sender in Europa der Fall sei. Wöchentlich rund 3,5 Stunden Religionssendungen im Fernsehen und cirka 5 Stunden im Radio sowie 1 Million Zugriffe monatlich auf die Internetseite http://religion.orf.at machten deutlich: "Religionssendungen haben beim Publikum eine sehr starke Nachfrage", resümierte Wrabetz.
Mit Blick auf 2013 kündigte der ORF-Generaldirektor an, dass der Weltjugendtag im Juli in Brasilien ein Schwerpunkt in der Berichterstattung sein werde. Im Fernsehen habe man durch erfolgreiche Etablierung von "ORF III" eine zusätzliche Möglichkeit, wichtige kirchliche Ereignisse live zu übertragen oder beliebte Sendungen wie "kreuz und quer" zeitversetzt zu wiederholen.
Eingangs hatte Pater Gottfried Wegleitner vom gastgebenden Franziskanerkonvent darauf hingewiesen, dass die erste Übertragung eines Radiogottesdienstes in Österreich aus der Wiener Franziskanerkirche erfolgt sei. In der Klosterchronik sei festgehalten, dass die staatliche RAVAG hierfür eine "feste Leitung und einen Verstärker" installiert habe. Am 7. Jänner 1934 erfolgte dann die historisch bedeutsame Messübertragung. Hauptzelebrant war damals der Wiener Erzbischof Kardinal Innitzer, der einer schon damals von der deutschen Sprache geprägten Bet- und Singmesse vorstand.