Flüchtlinge aus Traiskirchen, die seit mehr als drei Wochen in Zelten im Sigmund Freud Park gegen die österreichische Asylpraxis protestieren, haben am Dienstagvormittag, 18. Dezember 2012, die angrenzende Votivkirche besetzt. Rund 30 Personen - darunter Bewohner des "Vienna Refugee Protest Camps" und Unterstützer - wollen ihrem Protest am Internationalen Tag der Rechte der Migranten, dem 18. Dezember, Nachdruck verleihen. "Seit über drei Wochen sind wir nun im Sigmund Freud Park. Doch bisher sind unsere Stimmen nicht gehört worden", heißt es in einer Aussendung. "Wir haben keine Perspektive. Daher wollen wir die Votivkirche, diesen symbolträchtigen Ort, als Schutzraum nutzen."
Der Pfarrer der Votivkirche und bisherige Unterstützer des Flüchtlingsprotestes, Joseph Faruggia, wertet die Aktion jedoch nicht als Schutzsuche, sondern als Besetzung. Mit Beginn des Zeltlagers habe er angeboten, Kirchengrund rund um den Neugotikbau an der Ringstraße zu verwenden und auch die Kirche selbst zum Gebet zu nützen. Dass sich plötzlich eine Protestgruppe mit Transparenten in der Kirche eingefunden habe, komme für ihn überraschend und sei nicht abgesprochen gewesen, so Faruggia. Er habe die Besetzer aufgefordert, das Gebäude bis spätestens Dienstagabend um 18.00 Uhr wieder zu verlassen. Eine Übernachtung in der Votivkirche wolle der Pfarrer nicht gestatten.
Faruggia möchte in der Causa Kontakt mit Kardinal Christoph Schönborn aufnehmen, wie er ankündigte. Die Polizei sei bereits involviert. Es gelte jede Art von Vandalismus zu verhindern, den Faruggia gar nicht von den Flüchtlingen erwartet; es sei jedoch derzeit nicht genau auszumachen, wer aus welchen Gründen sich in der Kirche aufhalte.
Die Flüchtlinge vom "Vienna Refugee Protest Camp" machen seit ihrem Protestmarsch von Traiskirchen nach Wien unter dem Slogan "We demand our rights! / Wir fordern unsere Rechte!" auf ihre "ausweglose Situation" aufmerksam - bisher jedoch ohne die gewünschte Resonanz bei den politisch Verantwortlichen für die Asylpolitik. Deren Untätigkeit wollen die Flüchtlinge "nicht länger hinnehmen". Deshalb hätten sie "Schutz in der Votivkirche gesucht" und fordern ein "sicheres und menschenwürdiges Leben".
Die konkreten Forderungen des "Vienna Refugee Protest Camps" sind Grundversorgung für alle Asylwerber unabhängig von deren Rechtsstatus, freie Wahl des Unterbringungsortes sowie Zugang zu Arbeitsmarkt, zu Bildung und Sozialversicherung. Auch sollten sozioökonomische Fluchtmotive neben den bisher anerkannten Fluchtgründen anerkannt werden.
"Wenn ihr unsere Forderungen nicht erfüllen wollt, dann löscht zumindest unsere Fingerabdrücke aus euren Datenbanken und lasst uns weiterziehen", verlangen die Asylwerber aus Traiskirchen. "Wir haben ein Recht auf unsere Zukunft." Die Kirchengemeinde und alle anderen Menschen werden "eingeladen", in die Votivkirche zu kommen und den Kampf für Flüchtlingsrechte zu unterstützen.