Freitag 27. Dezember 2024
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Votivkirche: "Kirche steht Seite an Seite mit den Flüchtlingen"

(19.12.2012) Der Wiener Bischofsvikar Schutzki und Caritasdirektor Landau: Verzweifelte Asylwerber ernst nehmen und nicht instrumentalisieren.

Die Kirche "steht Seite an Seite mit den Flüchtlingen" in der Votivkirche: Das betonte der Wiener Bischofsvikar Dariusz Schutzki bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Caritasdirektor Michael Landau, am Mittwoch, 19. Dezember 2012, zur Situation in der Votivkirche, wo eine Gruppe von Asylwerbern übernachtete, um auf die prekäre Situation im Lager Traiskirchen aufmerksam zu machen. Die Kirche könne "leider keine politischen und rechtlichen Lösungen anbieten", wolle sich aber deeskalierend und lösungsorientiert einbringen, so Schutzki. Die Lage der Flüchtlinge, die in der Votivkirche "Zuflucht gesucht haben", zeige auf, dass die Rechtslage in vielen europäischen Ländern "Menschen in tiefe Verzweiflung stürzt".

 

Gegen politische Instrumentalisierung

Auch der Wiener Caritas-Chef Landau rief dazu auf, die Asylwerber in ihrer Verzweiflung nicht im Stich zu lassen. Er schlug einen Runden Tisch mit Vertretern der Flüchtlinge, der Politik, von NGOs und Religionsgemeinschaften vor, die über die aktuelle Situation hinaus nach strukturellen Lösungen suchen solle. Den Flüchtlingen habe die Caritas - wie auch der Bund und die Stadt Wien - Unterbringung in Alternativquartieren zu Traiskirchen angeboten, berichtete Landau. Dort wäre auch der geeignete Ort, um die von den Flüchtlingen im Zuge der Quartiernahme in der Votivkirche erhobenen Forderungen zu besprechen.

Mehrfach wandte sich Landau gegen Versuche, die Flüchtlinge politisch zu instrumentalisieren. Es gehe um menschenwürdigen Umgang mit Menschen in Not und nicht um Parteipolitik.

 

Zur Vorgeschichte:

Flüchtlinge aus Traiskirchen, die seit mehr als drei Wochen in Zelten im Wiener Sigmund-Freud-Park gegen die Asylpraxis protestieren, hatten am Dienstagvormittag die angrenzende Votivkirche besetzt. Damit wollten die inzwischen rund 100 Personen - gebildet aus Bewohnern dieses "Vienna Refugee Protest Camps" sowie deren Unterstützer - ihrem Protest am Internationalen Tag der Rechte der Migranten, dem 18. Dezember, Nachdruck verleihen. "Seit über drei Wochen sind wir nun im Sigmund Freud Park. Doch bisher sind unsere Stimmen nicht gehört worden", heißt es dazu in einer Aussendung. "Wir haben keine Perspektive. Daher wollen wir die Votivkirche, diesen symbolträchtigen Ort, als Schutzraum nutzen."

 

Schwierige Situation

Dass der Pfarrer der Votivkirche, Joseph Farrugia, am Dienstag von einer "Besetzung" gesprochen habe, die möglichst rasch beendet werden solle, bewertete Caritas-Sprecher Klaus Schwertner tags darauf als Zeichen von Überforderung in einer für ihn sehr schwierigen Situation. Farrugia habe sich von Beginn des Zeltlagers an mit den Flüchtlingen und ihren Forderungen solidarisiert und sei auch in der vergangenen Nacht gemeinsam mit Bischofsvikar Schutzki und der Caritas um eine konstruktive Lösung bemüht gewesen. Ein Eingreifen der Polizei sei dabei nie zur Debatte gestanden, versicherte Schwertner.

 

"Weihnachtliche Herbergssuche ist Realität"

Schutzki berichtete von den nächtlichen Gesprächen mit Flüchtlingen, sie seien für ihn eine "berührende, Horizont erweiternde" Erfahrung gewesen. In Gottesdiensten zur Weihnachtszeit sei viel von Not und Herbergssuche die Rede, in der Votivkirche sei dies jetzt konkrete Realität geworden.

Michael Landau forderte zusätzlich zur Beilegung der akuten Notlage auch strukturelle Überlegungen ein. Er unterstützte ausdrücklich die Flüchtlingsforderung nach einer Öffnung des Arbeitsmarktes für Betroffene: Asylwerber sollten nach sechs Monaten Aufenthalt in Österreich selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen dürfen. Kritik übte Landau an der europaweiten Praxis, oft traumatisierte Menschen "hin- und herzuschieben".

 

Österreich kann nicht allen Asylanträgen statt geben

Für ihn sei klar, dass in Österreich nicht allen Asylanträgen stattgegeben werden könne, sagte der Wiener Caritasdirektor. Aber ausnahmslos alle hätten das Recht auf ein schnelles, faires und qualitätsvolles Asylverfahren. Zur Flüchtlingsforderung, auch wirtschaftliche Fluchtgründe anzuerkennen, äußerte sich Landau zurückhaltend: Der Hinweis, dass Menschen, die in ihrer Heimat vom Hungertod bedroht seien, nicht in die Genfer Flüchtlingskonvention fallen, sei jedenfalls zu überdenken.

Wie lange die Votivkirche noch als Zufluchtsort dienen soll, blieb bei der Pressekonferenz unklar: Einer der von einer eigenen Pressekonferenz dazu gestoßenen Flüchtlinge aus dem "Vienna Refugee Protest Camp" sagte, dies bleibe bis zur Erfüllung der Forderungen so. Caritas-Sprecher Schwertner versicherte dazu, die Votivkirche bleibe bis auf weiteres Schutzraum, an einer weitergehenden Lösung werde gearbeitet.

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