Der Runde Tisch anlässlich der "Causa Votivkirche", wo seit Mittwoch, zwei Dutzend Flüchtlinge aus Traiskirchen Protest gegen ihre prekäre Situation erheben, ist am Freitagnachmittag, 21. Dezember 2012, mit vorsichtigem Optimismus zu Ende gegangen. Die involvierten Asylwerber lobten ebenso wie die "Gastgeber" des Runden Tisches, Bischofsvikar Dariusz Schutzki, die Caritas und Vertreter der mit Asylagenden betrauten Ministerien und Behörden, das konstruktive Gesprächsklima, das in Detailfragen weiterhin herrschen solle. Für Caritasdirektor Michael Landau ist "jetzt die Politik am Zug".
Das Innenministerium habe zugesagt, jeden Einzelfall der betreffenden Asylwerber zu prüfen, ob eine Wiederaufnahme in die Grundversorgung möglich ist. De iure haben die vor fast vier Wochen aus Traiskirchen nach Wien aufgebrochenen Flüchtlinge diesen Status verloren, weil sie Bundesländergrenzen überschritten haben. Landau berichtete auch von der Zusage, dass es in der Frage des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Asylwerber vertiefende Expertengespräche geben soll. Klar sei, dass die Politik mit den Flüchtlingen weiterhin im Gespräch bleiben wolle, so Landau. Das sei auch das Ziel der Caritas gewesen, die sich in der "Causa Votivkirche" in einer Vermittlerposition sehe.
Gemeinsam mit der Diakonie habe man den Asylwerbern eine Übersiedlung aus der kalten Votivkirche in warme Flüchtlingsquartiere angeboten. Diese wollten nach dem Runden Tisch darüber im "Refugee Camp Vienna" vor der Votivkirche diskutieren. Wie lange die Flüchtlingspräsenz in der Kirche noch andauert, blieb somit noch ungeklärt.
Bischofsvikar Dariusz Schutzki hatte als Vertreter von Kardinal Christoph Schönborn zu dem Runden Tisch mit Asylfragen befasste Politiker und NGOs sowie betroffene Flüchtlinge in die Räumlichkeiten des kirchlichen "Clubs Stephansplatz 4" eingeladen. Zugesagt hatten unter anderem Hilbert Karl, Leiter der Abteilung Asyl und Betreuung im Innenministeriums in Vertretung von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, Karl-Heinz Larcher, stellvertretender Leiter des Bundesasylamts, Caritasdirektor Landau, Diakonie-Direktor Michael Chalupka, Christoph Pinter vom UNHCR-Büro Österreich, Heinz Patzelt von Amnesty International Österreich sowie Vertreter jener Flüchtlinge, die seit Mittwoch die Votivkirche als Protestschauplatz benützen. Schutzki sah im dem Ergebnis die "vorweihnachtliche Botschaft", dass man "miteinander kann" und in gegenseitigem Respekt an Problemlösungen arbeitet.
Aus Sicht von Kirche und Caritas sollte es beim dem Treffen um Qualitätsstandards in der Grundversorgung gehen, um Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber und um Sanktionen bei nichteingehaltener Asylwerberquote der Bundesländer. Für die Votivkirchenbesetzer sollten "individuelle Lösungen" gefunden werden, so das Ziel laut einer Caritas-Aussendung vorab.
Ausdrücklich unterschied die Caritas "zwischen der Anhörung der Ängste und Sorgen der verzweifelten Flüchtlinge" und den "Instrumentalisierungsversuchen" verschiedener Aktivisten. Caritasdirektor Landau unterstrich nach dem Gespräch, dass es keine "Erpressung durch Aktivisten von rechts oder links" geben und niemand "auf Kosten der Flüchtlinge Politik machen" dürfe. In der und rund um die Votivkirche gebe es neben selbstlosen Unterstützern "leider auch Aktivisten, die genau dies tun", kritisierte Caritas-Sprecher Klaus Schwertner. Die Caritas stellte in der Nacht von Donnerstag auf Freitag einen Mitarbeiter, der vor Ort für Sicherheit gesorgt und die derzeit rund 20 bis 25 Flüchtlinge betreut habe.
Den Einsatz der Wiener Polizei am Freitagmittag, bei dem im Flüchtlings-Camp auf dem Sigmund-Freud-Platz Identitätsfeststellungen erfolgten, kritisierte die Caritas als "wenig hilfreich". Er "hätte beinahe zu einer weiteren Eskalation der Situation geführt". Die Polizei habe jedoch nach kurzer Zeit das Camp wieder verlassen, zu Festnahmen sei es nicht gekommen.