Beatrix Mayrhofer, neue Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs (VFÖ), sieht ihre Amtszeit in einer "starken Umbruchsphase". Wie sie betont, strukturiert sich die Vereinigung derzeit neu; nötig geworden sei dies durch das Schrumpfen und Älterwerden der Ordensgemeinschaften, jedoch auch durch die Ausgliederung bisher ordenseigener Schulen und Krankenhäuser. Orden sollten dabei wachsam für Nöte der Zeit bleiben, fordert die neue oberste Ordensfrau Österreichs; als erste Amtshandlung hat sie schon vergangenes Wochenende die Flüchtlinge in der Wiener Votivkirche besucht und ihnen praktische Unterstützung zugesichert.
Neue Statuten
Als künftige zentrale Aufgabe bezeichnete Mayrhofer die Erarbeitung neuer Statuten der VFÖ. In diesem "bereits länger laufenden Prozess", der aufgrund "sich dramatisch ändernden Rahmenbedingungen" nötig sei, erhalte die Vereinigung eine neue Struktur. Man wolle stärker mit den Männerorden zusammenarbeiten, "um Synergien besser zu nutzen und wahrzunehmen, wer was am besten erledigt oder nach außen vertritt - Ordensmänner, Ordensfrauen oder auch Mitarbeiter, die nicht den Orden angehören - das Wort Laien vermeide ich, denn auch wir Ordensschwestern sind Laien", so Mayrhofer.
Starker Wandel
Stark im Wandel sei derzeit die Situation von großen, bislang ordenseigenen Institutionen wie Schulen oder Krankenhäuser, erklärt die Ordensschwester die Hintergründe. "Weitgehend ziehen sich die Orden als Träger zurück, bleiben aber geistlicher Wurzelboden, sofern ihre Kernbotschaft - das Charisma - in heutige Situationen übersetzt wird."
Orden sollten hier für die Mitarbeiter Fortbildungen bieten, fordert Mayrhofer, zudem Beistand und Handlungsmodelle besonders in Problemphasen - "indem wir uns fragen, was unsere Gründerin hier getan hätte." Gymnasiallehrer an der Wiener Ordensschule Friesgasse etwa identifizieren sich stark mit dem Ordenscharisma, führt die bis 2010 an dieser Schule tätige Direktorin aus.
Stärkere Vernetzung
Neben der stärkeren nationalen und internationalen Vernetzung gelte es Wege zu finden, in denen sich künftig auch verschiedene Frauenorden untereinander unterstützen, so die VFÖ-Präsidentin. "Wenn es auch einige junge, aufblühende Gemeinschaften gibt, ist für die meisten Orden das Schrumpfen und der Übergang zu kleinen Gemeinschaften die zentrale Herausforderung. Wir müssen uns fragen, wie wir gut und mit christlicher Verantwortung mit unseren Immobilien umgehen."
Ampelfunktion für die Gesellschaft
Genauso sei aber auch das "Altern in Würde" für Frauenorden ein zentrales Thema, schon allein aufgrund der umgekehrten Alterspyramide: Von den 4.243 Ordensfrauen (Stichtag 1. Jänner 2012) waren 3.170 über 65 Jahre alt, 902 zwischen 40 und 65 Jahren und nur 171 jünger als 40. Mayrhofer sieht die Frauenorden hier als beispielgebend für die alternde Bevölkerung Westeuropas: "Ordensleute sind Menschen, die auf die Auferstehung warten. Wer an Jesus glaubt, geht beim Altern auf den Herrn als Anfang des eigenen Lebens zu, was einen froh stimmen sollte. Deshalb trifft trotz Gebrechen und Loslassen-Müssen der Ausspruch 'Christen werden immer jünger' zu."
Vorstöße in neue Terrains
Trotz ihres Kleinerwerdens müssten Ordensgemeinschaften laut Aussage der neuen VFÖ-Präsidentin "wach sein und ein Ohr am Herzen Gottes, das andere ganz nah bei den Menschen" haben. Dadurch werde ersichtlich, wo man auf Nöte der Gesellschaft eine Antwort geben kann. Zu den neuen Initiativen gehört etwa das jüngst eröffnete, von sechs Frauenorden getragene Schutzhaus für Opfer von Zwangsprostitution - Mayrhofer bezeichnet die betroffenen Frauen und Mädchen als "unsere Schwestern der Nacht".
Angesicht der Berufserfahrung, die heute Ordensschwestern beim Klostereintritt meist schon mitbringen würden, rückten als Aufgaben für Ordensfrauen zudem auch die geistige Begleitung und die Organisationsentwicklung in den Fokus. "Wir entdecken neue Begabungen in den eigenen Gemeinschaften. Wir brauchen Mut, unsere Mitglieder für Dienste auch außerhalb des unmittelbaren Ordensauftrages freizustellen", erklärt Mayrhofer, die selbst den "Armen Schulschwestern unserer Lieben Frau" angehört.
Beispiel Diözesanreform
Gegenüber der Kirche fordert die oberste Klosterschwester Österreichs von den Orden, ihre Funktion als "prophetisches Korrektiv und Mahner, die den Finger in die Wunden legen" wahrzuhaben. Als aktuelles Beispiel nennt Mayrhofer die Wiener Diözesanreform: "Es ist unsere Aufgabe, in diesem Prozess immer wieder daran zu erinnern, nahe bei den Menschen zu bleiben." Den Ordensgemeinschaften komme hier besonders jene Aufgabe zu, "lebendige geistliche Zentren zu bilden, in denen sich Menschen erneuern, zur Ruhe finden oder zurückziehen können".
Ausdrücklich würdigte Mayrhofer ihre Vorgängerin als VFÖ-Präsidentin, Kunigunde Fürst. Diese habe die Frauenorden "in ganz starker Weise geprägt und viele Akzente innerhalb der Frauenorden und der Kirche gesetzt. Eine vorgegebene Spur finde ich also".