Wie sehr Kardinal Franz König (1905-2004) das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) schon von seinen Anfängen her mitgeprägt und wesentliche Impulse für Reformen gesetzt hat, geht aus dem soeben erschienen Buch "Kirche im Aufbruch. Der Weg zum Konzil" hervor. Der Autor Walter Kirchschläger, der Neues Testament an der Universität Luzern gelehrt hat, zeichnet die Entstehungsgeschichte des Konzils nach: von der Ankündigung durch Papst Johannes XXIII. am 25. Jänner 1959 bis zur feierlichen Eröffnung am 11. Oktober 1962.
Kardinal König wurde im Juni 1960 in die päpstliche Zentralkommission berufen, die für die inhaltliche Vorbereitung des Konzils verantwortlich war. Schon zuvor hatte er in einer Eingabe gemeinsam mit anderen österreichischen Bischöfen zentrale Anliegen formuliert, etwa eine Verbesserung der Kommunikationskultur der römischen Behörden mit den Bischöfen, den erweiterten Gebrauch der Volkssprache in der Messfeier, die Sorge um von ihrem Amt zurückgetretene Priester, die Verantwortung der Laien in der Kirche oder auch die Sorge um die Einheit der Christen.
"Mann der gezielten Wortmeldungen"
In den Sitzungen der Kommission sei Kardinal König "kein Vielredner" gewesen, aber "ein Mann der gezielten Wortmeldungen", schreibt Kirchschläger. Vorliegende Textentwürfe begutachtete der Kardinal auch auf Bezeichnungen, die für andere christliche Kirchen verletzend erscheinen konnten. Immer wieder habe er zugleich den Stellenwert der Bibel hervorgehoben und sich für eine Aufwertung der Bischofskonferenzen stark gemacht.
In den Beiträgen Königs sei auch immer wieder die Sorge erkennbar, dass das Konzil die Konzentration auf Kernpunkte aus den Augen verlieren und sich in Einzelheiten verzetteln könnte. Für die Ausarbeitung von Details seien die regionalen Bischofskonferenzen der richtige Ort, so Königs Überzeugung.
Zurückhaltung Königs im Blick auf Diakonat
Freilich lag König mit seinen Ansichten auch nicht immer ganz "richtig". Er sei im Vorfeld des Konzils zurückhaltend gegenüber der Einführung des Ständigen Diakonats gewesen und habe nur zur versuchsweisen Einführung in bestimmten Regionen geraten, schildert Kirchschläger. - Die (Wieder-)Einführung des Ständigen Diakonats war dann eine wesentliche Neuerung des Konzils.
Ein eigenes Kapitel widmet Kirchschläger auch der Beziehung Königs zu seinem theologischen Berater beim Konzil, Karl Rahner. Letzterer war ob seiner Theologie im Vatikan - und nicht nur dort - teils heftig umstritten. Rahner gehörte - wie auch Joseph Ratzinger - zu jenen als Bischofsberater tätigen Theologen, die sich für eine "Erneuerung der Theologie durch neue methodische und inhaltliche Ansätze engagierten" und die so eine entsprechende Plattform beim Konzil vorfanden und auch einen gewissen Einfluss nehmen konnten. "Erst künftige Archivforschungen werden das genaue Zusammenspiel zwischen König und Rahner auf dem Konzil genauer entschlüsseln können."
"Kardinal König Bibliothek"
Das Buch "Kirche im Aufbruch. Der Weg zum Konzil" ist der erste Band der siebenteiligen Reihe "Kardinal König Bibliothek" des "Styria"-Verlags. Herausgeber sind neben Walter Kirchschläger Weihbischof Helmut Krätzl und die Leiterin des Wiener Kardinal-König-Archivs, Annemarie Fenzl.
Die großen Themen des Konzils sollen in der Buchreihe verständlich und kompakt für heute aufbereitet werden. Eine wichtige inhaltliche Rolle für das Projekt spielt das Kardinal-König-Archiv. Dort lagern in 37 Archivkartons die persönlichen Unterlagen von Kardinal König rund um das Zweite Vatikanische Konzil. Das Material steht den Autoren der Reihe zur Verfügung und könne somit zu "neuen Einsichten über das Zustandekommen der Konzilsdokumente" und zu ihrem tieferen Verständnis führen, wie Archivleiterin Fenzl betont.
Wirkungsgeschichte in der Erzdiözese Wien
Abgeschlossen werden soll die "Kardinal König Bibliothek" 2015 mit einem Buch von Weihbischof Helmut Krätzl und Annemarie Fenzl. Unter dem Titel "Die Kirche in der Welt von heute. Aggiornamento nach 50 Jahren" soll es darin vor allem um die Wirkungsgeschichte des Konzils gehen, fokussiert auf die Erzdiözese Wien.