Montag 13. Januar 2025
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Wiener Reformprozess steht im weltkirchlichen Trend

(25.10.2012) Im Mitarbeiter-Magazin "thema kirche" zieht Kardinal Schönborn Bilanz über die Bischofssynode: Es zeigt sich, small christian communities sind die Basis der Evangelisierung.

Eine Bischofssynode ist ein besonderes Erlebnis. Man kommt mit Bischöfen aus der ganzen Welt zusammen ist, lernt die Situation anderer Diözesen, Teilkirchen und Weltteile kennen. 260 Bischöfe haben drei Wochen lang über Neuevangelisierung gesprochen, tauschten Erfahrungen, Nöte, Sorgen, Wünsche und Hoffnungen aus.

 

Ich habe mich ganz am Anfang der Synode zu Wort gemeldet und vorgeschlagen, dass die Bischöfe nicht nur darüber sprechen, was Evangelisierung heute heißt und was zu tun wäre, sondern auch über unsere eigenen Erfahrungen. Diese Bitte ist nicht sehr oft aufgegriffen worden, aber doch in einigen Fällen und auf beeindruckende Art. Da war zum Beispiel ein relativ junger Bischof aus Kambodscha. Er hat sehr persönlich davon erzählt, wie er seine Kirche erlebt, die ja im Völkermord der Roten Khmer fast vollständig vernichtet worden ist – durch unvorstellbare Grausamkeiten. Und dieser junge Bischof ist dabei, die Kirche wiederaufzubauen. Sein Zeugnis war sehr eindrucksvoll: Er erzählte von Dörfern, in denen zuerst ein Gläubiger ist, dann zwei, drei, und dann wächst eine Gemeinde, und es entsteht eine kleine christliche Gemeinschaft.

Zweites Beispiel: Der Erzbischof von Quebec in Kanada hat ein sehr berührendes Zeugnis darüber gegeben, wie er selber zum Glauben gekommen ist; wie er durch das Zeugnis seiner Eltern evangelisiert worden ist, und was das für ihn heute als Bischof in der sehr säkularisierten, schwierigen Situation der Diözese Quebec bedeutet.

 

Ohne Mission stirbt die Kirche

Im Blick auf unseren diözesanen Weg ist mir aufgefallen, wie sehr wir weltkirchlich in doch ähnlichen Situationen leben. So unterschiedlich es im Äußeren ist, so gibt es doch gemeinsame Grundzüge:

 

Das Erste und Wichtigste sind die "small christian communities": Ich konnte gar nicht zählen, wie viele Bischöfe über die Bedeutung von kleinen christlichen Gemeinschaften oder Gemeinden gesprochen haben. Es zeigt sich, dass diese Gemeinden die Basis der Evangelisierung sind: Von dort geht Mission aus. Oder sie geht eben nicht. Und ohne Mission – so muss man nüchtern sagen – stirbt die Kirche.

 

Wir stehen in der Erzdiözese Wien ganz in der Linie dessen, was sich weltweit in der katholischen Kirche tut. Bei uns werden in den nächsten Jahren die Zahlen der Pfarren zurückgehen, es wird größere Pfarren geben, aber - so hoffe ich - eine noch größere Zahl an kleinen christlichen Gemeinden. Darin werden Getaufte ihre Verantwortung als Christen, die voll im Leben stehen, wahrnehmen. Sie werden die Gemeinden – natürlich unter der Leitung des Pfarrers und des Pfarrgemeinderates – selber führen.

 

Ein Zweites nehme ich von der Synode mit: Es zeigt sich, wie wichtig es ist, dass die Priester untereinander Gemeinschaft haben, dass die priesterliche Gemeinschaft gestärkt wird – gerade in einer säkularisierten Gesellschaft, in der der Priester keine selbstverständliche Beheimatung mehr hat. Wichtig ist auch das Miteinander aller Getauften, die oft als Minderheiten leben. Es soll keine verschreckte, sondern eine mutige und selbstbewusste Minderheit sein, die den Schatz des Evangeliums in die Gesellschaft tragen darf.

 

Unverzichtbar: Die glaubensvermittelnde Tätigkeit der Laien

Ein Drittes: Die Mitarbeit der Laien war während der gesamten Synode, auch im deutschsprachigen Kreis, ein wichtiges Thema, und es ist das in allen Teilen der Welt: Wir wissen und sehen, dass ohne die evangelisierende, glaubensvermittelnde Tätigkeit der Laien in ihrem Umfeld, in Familie, Beruf und Freundeskreis, eine Neuevangelisierung gar nicht denkbar ist.

 

Auch ein Defizit der Synode ist anzumerken: Ich hätte mir gewünscht, dass es noch ausdrücklicher um die Evangelisierung im engeren Sinn geht. Natürlich, vieles worüber wir gesprochen haben, ist Evangelisierung – im weiteren Sinn: Wenn in der Familie der Glaube weitergegeben wird, in katholischen Schulen, in der Kultur, im Sozialbereich – zweifellos ist der caritative Dienst am Nächsten ein ganz wichtiges Element der Verkündigung. Trotzdem ist mir die explizite Evangelisierung zu kurz gekommen: Wie wir - so wie der Apostel Paulus - denen das Evangelium bringen, die den Glauben nicht kennen, nicht mehr kennen oder nie wirklich kennen gelernt haben.

Wenn ich versuche Bilanz zu ziehen, bewegen mich zwei Empfindungen: Weltweit nimmt die Bedrängnis der Christen zu, in vielen Ländern gibt es eine ausdrückliche Christenverfolgung, sind Christen diskriminiert. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite konnte man einen Eindruck davon bekommen, wie die Kirche – auch die Bischöfe, aber vor allem die Laien - in ganz bewundernswertem Mut, Engagement und Freude aus der Kraft des Evangeliums lebt.

 Applaus in der Synodenaula für Zeugnis eins jungen Laien

Von einem berührendem Erlebnis möchte ich noch erzählen: Es gab einige Zeugnisse von Laien – leider nicht viele, aber sehr kraftvolle. Das vielleicht berührendste gab der jüngste Synodenteilnehmer, ein 25jähriger, der in Rom in der Jugendarbeit engagiert ist. Er sprach mit einer solchen Selbstverständlichkeit und Kraft von seiner Hoffnung! Und er erhielt den größten Applaus in der Synodenaula. Er hat unter anderem gesagt: "Bitte sagen Sie nicht, die Jugend ist die Zukunft der Kirche. Denn die Jugend ist die Gegenwart der Kirche!" Das möchte ich auch uns in Österreich sagen.

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