Vor dem Hintergrund der blutigen Geschichte Europas ist das gegenwärtige europäische Friedensprojekt einzigartig. Das unterstrich Kardinal Christoph Schönborn bei einer Begegnung der Bischofskonferenz mit dem österreichischen Botschafter in Belgien und Vertreter bei der NATO, Karl Schramek, am Montag, 5. November 2012, in Brüssel. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz warnte davor, im Blick auf die EU "nur die unfertigen Stellen" zu sehen. Der Besuch der Bischöfe in Brüssel sei Ausdruck der Bereitschaft "am Bauplatz Europa mitzuarbeiten" und es sei sehr viel Positives seit dem Beitritt Österreich vor 17 Jahren geschehen.
Konkret nannte der Kardinal nicht nur die Tatsache, dass man nach Jahrzehnten der Trennung jetzt wieder unbehindert zwischen Wien und Bratislava verkehren können, vielmehr gelte das für den gesamten europäischen Raum zwischen Lissabon und Warschau. Von daher stehe der Brüssel-Besuch der Bischöfe "in dankbarer Erinnerung an das, was schon gewachsen ist im 'Haus Europa'".
Botschafter Schramek bezeichnete den Umstand, dass die österreichischen Bischöfe erstmals in Brüssel ihre Vollversammlung abhalten, als außergewöhnliches Ereignis. Normalerweise kämen Delegationen nach Brüssel, "um etwas zu erreichen oder aus Notwendigkeit". Der Besuch der Bischofskonferenz finde demgegenüber im Zeichen des grundsätzlichen Interesses an der Europäischen Union statt. Die EU sei "immer auch Wertediskussion" und von daher sei die Kirche ein kompetenter Gesprächspartner. Schramek unterstrich, dass die Kirche eine wichtige Rolle bei der Vermittlung dessen habe, wofür die EU letztlich stehe: "Friede in Europa, und der ist keine Selbstverständlichkeit".
Der Besuch der Bischöfe in Brüssel soll für die dort lebenden Österreicher und die Gläubigen zu Hause "ein Signal der Solidarität mit der europäische Integration geben und die Kräfte dafür stärken". Damit beschrieb Kardinal Schönborn beim Empfang der Bischofskonferenz für die in Brüssel lebenden Österreicher am Montagabend die Motivation für den Besuch des Episkopats bei den EU-Institutionen.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz erinnerte daran, dass auch die Päpste seit Pius XII. (1939-58) die europäische Einigung als Friedensprojekt gesehen und unterstützt hätten. Diesen Weg der Integration Europas wollen die Bischöfe begleiten, "ohne dabei kritiklos und naiv zu sein", merkte der Kardinal bei der Begegnung in der deutschsprachigen katholischen Pfarrgemeinde "St. Paulus" in Brüssel an.