Samstag 14. September 2024
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"Junge Muslime sind ein Teil von Österreich"

(02.06.2012) Für eine stärkeres Miteinander von "Einheimischen" und Menschen mit Migrationshintergrund in der österreichischen Gesellschaft appellierte Kardinal Schönborn im Rahmen der "Langen Nacht der Kirchen".

„Late-Night-Talk“ zur Integrationsproblematik mit Kardinal Christoph Schönborn, Staatssekretär Sebastian Kurz und EU-Parlamentarier Hannes Swoboda in Favoriten.

 

Jeder vierte Wiener Katholik mit Migrationshintergrund

So sei es bei vielen Wienern "noch nicht wirklich in Kopf und Herz angekommen", dass die in Österreich geborenen Kinder von Zuwanderern fast zur Gänze Österreicher sind. Neben den vielen Katholiken aus den anderssprachigen Pfarrgemeinden seiner Diözese verwies der Kardinal dabei explizit auf die jungen Muslime im Land. "Sie sind Österreicher, sie sind ein Teil unseres Landes. Es ist ihre Heimat", betonte der Wiener Erzbischof. Und: "Das ist eine Realität, die wir noch viel zu wenig verinnerlicht haben."

Der Wiener Erzbischof sprach bei einem "Late-Night-Talk" unter dem Titel "Die Rolle von Politik und Religion im Zusammenleben der Bürger" in der Pfarrkirche St. Johann der Evangelist in Wiens bevölkerungsmäßig größtem Bezirk Favoriten. Kardinal Christoph Schönborn sprach dabei mit Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz und dem EU-Parlamentarier Hannes Swoboda über das Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft und den dafür notwendigen Beitrag der Religionen.

Kardinal Schönborn erinnerte, dass mittlerweile jeder vierte Wiener Katholik Migrationshintergrund habe und die katholische Kirche in Wien daher ein "faszinierendes Integrationsphänomen" sei. "Die Kirche von Wien ist weltweit aufgestellt. Aber das sind nicht einfach nur lauter Gäste, die auch irgendwie da sind, sondern das ist die Kirche von Wien", sagte der Wiener Erzbischof. Viele der angestammten Wiener wie auch manche politischen Kräfte würden diese Menschen immer noch so betrachten, als seien sie Ausländer, so Kardinal Schönborn, "aber das sind sie nicht".

 

Miteinander in Krisenzeiten stärken

Der Wiener Erzbischof äußerte seine Sorge, dass angesichts der Wirtschaftskrise soziale Spannungen und das Konfliktpotenzial im Land größer würden. In dieser Situation gelte es alles daran zu setzen, das "österreichische Miteinander" zu stärken, anstatt politisches Kleingeld zu wechseln und Menschen gegeneinander aufzuhetzen. Kardinal Schönborn verwies in diesem Zusammenhang auf das "vorbildliche Zusammenleben" der Religionsgemeinschaften und den "echten Religionsfrieden" der in Österreich herrsche. "Wir wollen nicht das Gegeneinander. Wir wollen das Miteinander aus tiefster religiöser Überzeugung", sagte Kardinal Schönborn.

Auch Staatssekretär Kurz erinnerte an den funktionierenden Austausch der Religionen in Österreich, hier geschehe "sehr viel". Mängel gäbe es aber dabei, diesen Dialog auch in der Basis der "normalen" Gläubigen und Bürgern zu verankern. Der gute Kontakt der Religionsspitzen bedeute "noch lange nicht, dass der Österreicher im zwölften Bezirk nicht trotzdem jedes Mal ein ungutes Gefühl hat, wenn er an einer Moschee vorbeigeht", betonte Kurz. Auf dieser Ebene versuche er mit seiner Politik anzusetzen, so der Integrationsstaatssekretär.

 

Integration ist Geben und Nehmen

Erfolgreiche Integration müsse sowohl von der Mehrheitsbevölkerung als auch der zuwandernden Bevölkerung ausgehen, sagte Kurz. Die Mehrheitsbevölkerung solle dabei mit Offenheit auf jeden Menschen zugehen und nicht primär darauf schauen, "ob er Kopftuch trägt oder eine andere Hautfarbe hat". Zuwanderer wiederum hätten die Verpflichtung, öglichst rasch Deutsch zu lernen, da dies "der kleinste gemeinsame Nenner" und Voraussetzung für Integration sei. Hinzukomme der Respekt und die Anerkennung für ein europäisches Wertesystem, das Demokratieverständnis oder das Bekenntnis zur  Rligionsfreiheit in Österreich, stellte Kurz klar.

Religionsgemeinschaft könnten in Fragen von Humanität, Sicherheit und bei der Lösung sozialer Probleme einen großen Beitrag leisten, zeigte sich Hannes Swoboda überzeugt. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament argumentierte, dass die Religionsgemeinschaften durch die zunehmende religiöse Vielfalt offener geworden seien und mehr gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. In einer Gesellschaft müsse nicht jeder alles akzeptieren oder gutheißen, hielt Swoboda fest. "Das schlechteste für eine Gesellschaft ist aber die Verweigerung des Dialogs und die Religionsgemeinschaften tragen ihren Teil dazu bei, dass es diesen Dialog gibt."

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