Samstag 14. September 2024
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Kardinal Schönborn warnt vor "antirömischem Affekt"

(02.06.2012) Wiener Erzbischof wehrt sich bei Podiumsgespräch in "Langer Nacht der Kirchen" gegen Eindruck, Bischöfe würden Reformanliegen nicht nach Rom tragen.

Das Gespräch fand im Rahmen der "Langen Nacht der Kirchen", am 1. Juni 2012, in der Wiener Pfarre Hinterbrühl statt.

"Durchaus bedenkenswerte Probleme und Sorgen"

Vor einer Verhärtung der Fronten in den gegenwärtigen Kirchenreformdebatten hat der Wiener Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, gewarnt. Es gebe eine Art "antirömischen Affekt", der sich darin zeige, dass man immer weniger das wirkliche Gespräch über Streitfragen suche, sagte Kardinal Schönborn bei einer Podiumsdiskussion mit dem Publizisten Heinz Nußbaumer in der Pfarre Hinterbrühl.

 

"Vielleicht haben wir aus einem antirömischen Affekt heraus das Gespräch mit Rom zu selten und zu wenig gesucht", so der Wiener Erzbischof. Dagegen beharre er darauf, dass "durch's Reden die Leut z'samm' kommen".

Zugleich wehrte sich Kardinal Schönborn damit gegen Vorwürfe, die österreichischen Bischöfe würden Reformanliegen verschleppen oder nicht in Rom kommunizieren. "Natürlich reden wir in Rom über die Anliegen und Sorgen der Menschen in unserem Land." Er behalte sich jedoch vor, einen Unterschied zwischen jenen Dingen zu machen, die er berichtet und jenen, für die er bewusst eintrete, so Kardinal Schönborn in Richtung der "Pfarrerinitiative". Zwar gebe es "durchaus bedenkenswerte Probleme und Sorgen", die die Initiative artikuliere, die Lösungsansätze teile er jedoch nicht. Auch mahnte der Kardinal in diesem Zusammenhang dazu, die Stimme des österreichischen Katholizismus im Kontext weltkirchlicher Fragestellungen nicht zu überschätzen.

Eine konkrete Klärung der Differenzen mit der Pfarrerinitiative stehe weiterhin aus. "Das Wort vom Ungehorsam kann so nicht stehen bleiben - und es wurde ja zum Teil auch schon zurückgenommen." Dennoch vermisse er ein Maß an Ehrlichkeit in dem Gespräch mit der "Pfarrerinitiative". Es genüge nicht, das Wort einfach zu streichen, sondern es müssten konkrete Schritte im Gespräch über reale pastorale Probleme und Herausforderungen geführt werden.

 

Kardinal Schönborn trifft Bundespräsident Fischer

Im Blick auf den am Freitag, 1. Juni 2012, eröffneten Caritas-Kongress "Zukunft ohne Hunger" und die dort zustande gekommene überraschende "Koalition" zwischen ihm und Bundespräsident Heinz Fischer gegen eine weitere Senkung des EZA-Budgets ließ Kardinal Schönborn mit einer konkreten Ansage aufhorchen: Am Montag, 4. Juni 2012, werde er in dieser Sache zu einem Gespräch mit dem Bundespräsidenten zusammentreffen.

Schließlich streifte das Gespräch auch die "Causa Stützenhofen". Diese werde ihn, so Kardinal Schönborn, vermutlich "noch lange begleiten" - so hätten ihn seit seiner Entscheidung, die Pfarrgemeinderatswahlen und damit die Wahl des bekennend homosexuellen Pfarrgemeinderats Florian Stangl nicht zu beeinspruchen, zahlreiche Stimmen erreicht, die vor einem "Dammbruch" warnten. Der Wiener Erzbischof bekräftigte neuerlich, dass er weiterhin an der Lehre der Kirche in der Frage der Homosexualität festhalte - dass es aber auch die Pflicht gebe, genau hinzusehen, "wenn und warum Menschen diesen Masterplan Gottes nicht ganz erfüllen". Es müsse stets nach dem "Lebenszeugnis" eines Menschen geschaut werden - und jenes von Stangl habe ihn beeindruckt: "Auch wenn der Masterplan Gottes hier in gewissen Punkten nicht voll erfüllt ist: dieser Mensch und sein Zeugnis ist so, dass ich sagen muss: Hut ab, da kann man sich eine Scheibe abschneiden."

Gefragt, ob er seine Vorgänger auf dem Wiener Bischofsstuhl beneide, da sie es mit weniger Problemen oder gar ruhigeren Zeiten zu tun gehabt hätten, widersprach Kardinal Schönborn vehement. Sei es ein Petrus Canisius oder ein Kardinal Franz König - stets habe es durch die Zeiten hindurch große Anfechtungen der Kirche und große Probleme - soziale wie innerkirchliche - gegeben. "Ich bemitleide mich nicht", so Kardinal Schönborn schmunzelnd.

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