Die Diskutanten, der Wiener Dogmatiker Jan Heiner Tück und der Obmann der Pfarrer-Initiative Helmut Schüller, waren sich einig, dass sich die Kirche in einem kritischen Zustand befindet und Reformen dringend notwendig sind. Zu konkreten Reformschritten gingen die Meinungen dann aber doch auseinander. Besonders der Begriff des "Aufrufs zum Ungehorsam" der Pfarrerinitiative habe einen "Riss" durch die Kirche gebracht, kritisierte der Dogmatiker. Zugleich aber mahnte Tück ein offenes Ohr der Bischöfe für die Anliegen der Kirchenbasis ein.
Für Schüller stand besonders die Diskrepanz zwischen pastoraler Arbeit und Kirchenordnung hinter dem Begriff. Das wollte man mit dem Aufruf aufzeigen und nicht weiterhin das Wirken in mehr oder weniger heimlichen pastoralen "Nischen" propagieren. Schüller betonte: "Wir brauchen nicht weniger sondern noch viel mehr Gemeinden, um näher bei den Menschen zu sein." Dabei gehe es ihm aber nicht um die Etablierung eines großen Verwaltungsapparates. Diesen könne man sehr schlank halten, gerade auch durch Zusammenarbeit und Zusammenlegungen von Verwaltungseinheiten. Es brauche aber die Grundvollzüge der Kirche - Verkündigung, Liturgie und Diakonie - am Ort.
Zentrales Anliegen der Pfarrerinitiative sei die Eucharistiefeier am Ort in den Gemeinden, betonte Schüller. Dabei gehe es nicht um eine "Kommunionversorgung" der Gläubigen, sondern darum die Eucharistie als zentrale Feier der Gemeinde. Die momentane Situation sei aber paradox: "Die Gemeinde ist da, aber der Vorsteher fehlt, den es zur Feier braucht", so der Pfarrer. Der vielfach kritisierte Begriff der "priesterlosen Eucharistie", den die Pfarrerinitiative in ihrem Forderungskatalog verwendet, räumte Schüller ein, dass dieser etwas "ungehobelt" und von "keinem theologischen Feinschliff" sei. Er sei durchaus provokant gemeint, von Anfang an aber auch immer unter Anführungszeichen gesetzt gewesen. Man wolle damit die große Ernsthaftigkeit des Problemes aufzeigen.
Auch das Thema Zölibat wurde in der Diskussion behandelt. Tück erinnerte, dass dieser auf dem Zweiten Laterankonzil 1139 eingeführt worden sei: "Damals gab es gute Gründe dafür. Jetzt muss man nachdenken, ob es nicht auch gute Gründe für eine Änderung der Bestimmungen gibt." Anknüpfungspunkte könnte man bei der orthodoxen oder anglikanischen Kirche nehmen. Zu dieser Frage habe unter anderem schon 1970 Joseph Ratzinger in einem Memorandum Anstöße gegeben. Selbiges gelte für die immer wieder gestellten Forderung nach der Zulassung von bewährten verheirateten Männern ("viri probati") zum Priesteramt.