Zwei "heiße Eisen" werden in den Vorträgen und Seminaren angefasst: erstens der Umgang der Kirche mit Sexualität und zweitens der Themenblock Ehe/Scheidung/Wiederheirat. Ersteres wird der Freiburger Moraltheologe Eberhard Schockenhoff behandeln, der einen der Vorträge in der Reihe "Die Zehn Gebote" übernommen hat. "In dieser Reihe gehen wir assoziativ vor", sagt Erhard Lesacher. Die Gebote werden nicht bloß in ihrem historischen Kontext erklärt, vielmehr werden "aktuelle und unerwartete Aspekte" behandelt. Der Vortrag zum "Sechsten Gebot" etwa steht unter dem Titel "Du sollst nicht Unkeuschheit treiben. Vom notwendigen Wandel der katholischen Sexualmoral" (6. April 2011, 18.30 Uhr). Der Moraltheologe Schockenhoff spricht im Ankündigungstext von "der letzten Chance" der katholischen Sexuallehre, "sich bei den Gläubigen und im gesellschaftlichen Diskurs wieder neu Gehör zu verschaffen". Zusätzlich bietet Schockenhoff ein Seminar über die "ethische Bewertung vorehelicher und gleichgeschlechtlicher Partnerschaften" an.
Ein Aktualisierung erfährt auch das Gebot "Du sollst nicht töten": Auf zwei Abende verteilt spricht zunächst Franz-Joseph Huainigg, Behindertensprecher der ÖVP, über Pränataldiagnostik und stellt die Frage, warum immer weniger Kinder mit Down-Syndrom zur Welt kommen? ("Hauptsache gesund", 16. März, 18.30 Uhr.) Danach gibt der Wiener Moraltheologe, Günter Virt - er ist Mitglied der Bioethikkommission der Europäischen Kommission in Brüssel, Einblicke in die Arbeit von Ethikkommissionen und erläutert, welche Rolle die Theologen im aktuellen europäischen Ethik-Diskurs spielen können - etwa wenn Euthanasie in Europa allmählich gesellschaftsfähig wird. ("Hoffnung für das Leben", 23. März, 18.30 Uhr.)
Eine Antwort auf die Frage "Was ist gutes Leben" mag wohl sein: eine glückliche Ehe. Was aber, wenn das Glück zerbricht? Die Fragen rund um Ehe, Scheidung und Wiederheirat bezeichnet Erhard Lesacher als "wunden Punkt" in der katholischen Tradition - "der auch von vielen Bischöfen gesehen wird, wo es Suchbewegungen gibt, sich aber noch keine offizielle Lösung abzeichnet".
Im Umgang mit Scheidung und Wiederheirat könnte sich die katholische Kirche Anregungen aus der evangelischen und orthodoxen Tradition holen. Ingrid Fischer, die für den ökumenischen Studiennachmittag zum Auftakt des Sommersemesters verantwortlich zeichnet, erklärt: "Die evangelische Tradition kennt Scheidung und Wiederheirat, da die Ehe zwar eingesegnet wird, aber nicht als Sakrament und nicht als unauflöslich gilt." In der Orthodoxie sei das Sakramentenverständnis fast noch tiefer als in katholischen Tradition, so Fischer, "und trotzdem gibt es auch dort eine Auffassung, dass das Sakrament enden kann". Es endet dann, wenn es aufhört, "die Liebe Gottes abzubilden und darzustellen". Aus "Gründen der Barmherzigkeit" werde daher auch in der orthodoxen Tradition Ehescheidung und Wiederverheiratung zugestanden, sagt Fischer.
Vortragende am ökumenischen Studiennachmittag, der am 18. Februar stattfindet (15.00-20.00 Uhr), sind der katholische Neutestamentler Walter Kirchschläger (Luzern), der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl sowie die evangelische Pfarrerin Christine Hubka und die rumänisch-orthodoxe Theologin Alina Patru.
Die Veranstaltungen der Theologischen Kurse finden am Stephansplatz 3, 1010 Wien, statt. Das vollständige Programm finden Sie unter www.theologischekurse.at.