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Berichterstattung Missbrauch: Sachlichkeit ist gefragt

(05.10.2010) Die Psychoanalytikerin Rotraud Perner gab Ratschläge zum Umgang mit Sprache und Bildern im Blick auf Fälle sexuellen Missbrauchs.

Wie können Journalisten über sexuellen Missbrauch von Kindern berichten, ohne mögliche weitere Täter dadurch auf den Plan zu rufen oder Betroffene weiter zu schädigen? "Eine klare Sachlichkeit ist genug", betont dazu die Wiener Psychoanalytikerin und Leiterin des Instituts für Stressprophylaxe und Salutogenese (ISS), Rotraud Perner. Bei einer Veranstaltung des Verbands katholischer Publizistinnen und Publizisten Österreichs am Montag, 4. Oktober 2010, in Wien. Perner gab den generellen Rat: Der jeweilige Journalist sollte sich "vorstellen, wenn ich der Betroffene wäre, wie möchte ich, dass über mich berichtet wird?"

 

Botschaft der Berichterstattung

"Die Botschaft der Berichterstattung sollte immer sein, die Grenzen anderer Menschen zu schützen und zu respektieren", sagte Perner. Man sollte nicht Menschen zur Schau stellen, auch nicht mit einem einzigen Detail aus ihrer Biografie. Auf jeden Fall sollte immer respektvoll mit den Beteiligten und ihrer Geschichte umgegangen werden. Im Blick auf den Täter sollte folglich auf "Etikettierungen" wie "Bestie" verzichtet werden; weiters gehörten Attribute, die gleich ganze Menschengruppen verurteilen, wie etwa der "arbeitslose" Täter oder "Frührentner", nicht in den Bericht.

Die Frage, welche "geistigen Bilder ich auslöse", sollte sich der Journalist bei der Berichterstattung stellen. In den Berichten sollte es "keine Schilderungen des Körpers und der körperlichen Vorgänge, aber sehr wohl eine Schilderung der Bedrohlichkeit der jeweiligen Situation" geben, erklärte die Psychotherapeutin. In der Folge sollten auch die Folgen der Tat beschrieben werden. Bericht und Kommentar sollten sauber getrennt werden.

 

Warnung vor unbedachter Bebilderung

Die Psychoanalytikerin warnte vor einer unbedachten Bebilderung, die mögliche weitere Täter inspirieren oder Betroffenen Probleme bereiten könnten. So sollten Tatmotive nicht abgebildet werden und Fotos mit Balken vermieden werden. Am besten könnte man sich hier "Anleihen von der Kunst" nehmen, riet Perner: "Oft reicht schon ein Foto von einer Schattenhand an der Wand."

Zur generellen Wortwahl erklärte Perner, der Begriff "Opfer" werde in der Fachsprache nicht verwendet: Besser seien Bezeichnungen wie Geschädigter oder Betroffener. Auch das Wort Missbrauch sollte etwa durch Schädigung, Ausbeutung oder Misshandlung ersetzt werden.

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