Zu einem verstärkten ökumenischen Dialog zwischen den christlichen Kirchen hat der serbisch-orthodoxe Patriarch Irinej zum Auftakt seines Österreich-Besuchs aufgerufen. Es sei ein "Imperativ der Geschichte", die Trennung der Kirchen von Ost und West zu überwinden und zu einem neuen Miteinander in versöhnter Verschiedenheit und in einer Einheit in Vielfalt zu finden, sagte Patriarch Irinej bei einem Festakt, am Freitag, 10. September 2010, in der Wiener Nationalbibliothek. Anlass war die Verleihung der Würde eines "Protektors" der ökumenischen Stiftung "Pro Oriente" an das Oberhaupt der serbischen Orthodoxie.
Das ökumenische Bemühen der Orthodoxie wurzle laut Patriarch Irinej in der tiefen theologischen Grundüberzeugung, "dass die Kirche ihrem Wesen nach dialogisch, das heißt ökumenisch ist". Würde sie sich nicht im interreligiösen wie im ökumenischen Dialog unter den christlichen Kirchen beteiligen, "so würde sie aufhören, Kirche Jesu Christi zu sein und zu einer Sekte herabsinken". Die Kirche dürfe sich niemals mit den Trennungen abfinden. Dies bedeute eine schwere Sünde und verstoße gegen den Willen Gottes zur Einheit.
"Wenn wir die Gebote Christi erfüllen wollen, so führt kein Weg am ökumenischen Ringen um Einheit der Christenheit vorbei." Nur gemeinsam könne man den beiden zentralen Herausforderungen der Gegenwart - "einem offenen Relativismus auf der einen Seite und einem geschlossenen Fanatismus auf der anderen Seite" - widerstehen, unterstrich der Patriarch.
Die Idee der christlichen Einheit sei das bestimmende Thema der jüngeren Geschichte der Kirchen. Das Bemühen gehe bereits in die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurück, ein wichtiges Zeichen auch für die Orthodoxie sei etwa das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) gewesen, aber auch schillernde Persönlichkeiten der Ökumene wie der Wiener Alt-Erzbischof Kardinal Franz König. In diesem Kontext würdigte Irinej auch die Verdienste der Stiftung "Pro Oriente" um ein weiteres Zusammenwachsen der Kirchen.
Bei der Verleihung der Würde eines "Protektors" der Stiftung "Pro Oriente" - eine Würde, die auch schon Irinejs Vorgänger Pavle verliehen wurde - betonte "Pro Oriente"-Präsident Johann Marte die besondere Funktion der serbischen Orthodoxie als "Brücke zwischen Ost und West".
Der Wiener Weihbischof Franz Scharl bezeichnete den Besuch des Patriarchen in Österreich als "Meilenstein der Ökumene" und als "große Ehre für unser Land", dass er seine erste Auslandsreise nach Österreich unternehme. Als "Mahner, Tröster und Wegweiser in eine neue, bessere Zukunft" würdigte der ehemalige Botschafter in Belgrad, Michael Weninger, den Patriarchen. Er sei ein "Anwalt der serbischen Identität", zugleich habe er aber einen "weiten, weltoffenen Blick ohne politische Engführungen", so Weninger in seiner Laudatio.