Mit seinen "heroischen Tugenden eines heiligen Engländers" stehe der der zum Katholizismus konvertierte Theologe in einer Reihe mit prägenden Heiligen und Gelehrten aus der Geschichte des Landes, sagte Papst Benedikt XVI. Als künftigen Gedenktag für den neuen Seligen legte der Papst den 9. Oktober fest. An diesem Tag war Newman 1845 als namhafter anglikanischer Theologe und Geistlicher zum Katholizismus übergetreten.
Papst Benedikt XVI. nannte Kardinal John Henry Newman einen "Vater der Seelen" und große spirituelle Gestalt. "Der Kardinal erinnert uns daran, dass die Treue zum Gebet uns allmählich verwandelt und Gott ähnlich werden lässt", so der Papst vor den Bischöfen, Priestern und Gläubigen im Cofton Park, darunter auch Bischof Franz Lackner aus Graz. Nach den Worten Newmans müsse jeder Gläubige "ein Engel des Friedens, ein Prediger der Wahrheit sein".
Zugleich hob der Papst den Beitrag Newmans für die Pädagogik hervor. Seine Sicht der Erziehung präge bis heute katholische Schulen und Colleges. Als Gegner eines rein zweckorientierten Bildungsansatzes habe er ein pädagogisches Umfeld gefordert, "in dem intellektuelle Übung, moralische Disziplin und religiöses Engagement miteinander verbunden sein sollten". Weiter hob der Papst die Forderung des Kardinals nach religiös gut gebildeten Gläubigen hervor. Die Laien sollten Newman zufolge "nicht vorlaut" sein, aber ihren Standpunkt mit Festigkeit vertreten. Nötig seien Kirchenmitglieder, "die ihr Glaubensbekenntnis so gut kennen, dass sie darüber Rechenschaft ablegen können, die über so viel geschichtliches Wissen verfügen, dass sie ihre Religion zu verteidigen wissen", zitierte der Papst aus den Schriften des neuen Seligen.
John Henry Newman war als namhafter anglikanischer Theologe 1845 zur katholischen Kirche übergetreten. 1879 erhob ihn Papst Leo XXIII. (1878-1903) zum Kardinal. Mittlerweile gilt er längst als "Brücke zwischen Anglikanern und Katholiken" und wird von beiden Konfessionen gleichermaßen verehrt.
Während der Eucharistiefeier verwendete Papst Benedikt XVI. einen Kelch aus dem persönlichen Besitz des neuen Seligen. Das Evangelium des Gottesdienstes trug der 71-jährige Diakon Jack Sullivan aus Boston (USA) vor, der nach Gebeten zu Newman von einer Wirbelsäulenerkrankung geheilt worden war. Vatikanische Ärzte- und Theologenkomitees hatten die medizinisch unerklärliche Genesung Sullivans als Wunder anerkannt. Ein solches Wunder ist außer bei Märtyrern Voraussetzung für eine Seligsprechung.
Am Samstagabend hatte Papst Benedikt XVI. mit mehr als 80.000 Menschen im Londoner Hyde Park eine Gebets-Vigil zur bevorstehenden Seligsprechung gefeiert, in der er ebenfalls über Newman sprach. Der von einer meditativen Stimmung geprägte Gottesdienst war die letzte und zugleich teilnehmerstärkste Veranstaltung des Papstes in London.