Für ein realistisches Bild der neuen Mindestsicherung in Österreich hat sich die Armutskonferenz ausgesprochen: Es sei weder zu erwarten, dass mit der Mindestsicherung das Sozialsystem armutsfest gemacht werde, noch dass jetzt keiner mehr arbeiten gehen werde. "Mit der Mindestsicherung werden völlig falsche Erwartungen geweckt, bei den Hilfesuchenden ebenso wie bei den prinzipiellen Gegnern von Sozialtransfers", heißt es in einer Aussendung am Dienstag, 31. August 2010. Dabei werde "über etwas diskutiert, das es so gar nicht gibt". Man könne somit getrost "rhetorisch und ideologisch wieder abrüsten".
Die neue Mindestsicherung sei, so die Armutskonferenz, "im wesentlichen die alte Sozialhilfe". Sie ersetze diese nicht, sondern sei eine Erweiterung der bestehenden neun Bundesländerregelungen. "Es wird weiter neun verschiedene Standards geben", so das Armutsnetzwerk. Die Ausgestaltung zentraler Elemente bleibe meist den Landesgesetzgebern überlassen.
Ein wesentliches Anliegen der Sozialhilfereform sei somit verfehlt worden: "Ausgangspunkt war eigentlich die stärkere Harmonisierung des unteren Netzes zur einer grundrechtsorientierten, bürgerfreundlichen Sozialleistung" stattdessen gebe es weiterhin ein Belieben durch neun unterschiedliche Länderregelungen, kritisiert die Armutskonferenz.
Wer sich die Mühe mache alles durchzurechnen, komme zu einem realistischen Bild: "Es wird - je nach Bundesland - Verbesserungen und Verschlechterungen gleichzeitig geben." Positive Veränderungen gebe es bei der Krankenversicherung, den Leistungen für Alleinerziehende und bei Regress-Forderungen. In den gerade ausgearbeiteten Sozialhilfenovellen hingegen werde die gegenüber der bisherigen Sozialhilfe bereits bundesweit reduzierte Mindestsicherung noch einmal verschlechtert - "in Kärnten beispielsweise massiv". Das Verschlechterungsverbot bietet nach der Expertise der Armutskonferenz keine ausreichende Sicherheit.