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Mit Solidarökonomie gegen die Wirtschaftskrise

(03.09.2010) Im Rahmen der Bildungswerktagung in Groß-Enzersdorf erklärte der Theologe und Wirtschaftswissenschafte Markus Schlagnitweit sein Unbehagen über die herkömmliche Konkurrenzwirtschaft. Der Grazer Wirtschaftsethiker Mark-Ungericht forderte alternative Ökonomiemodelle ein.

Aus der globalen Wirtschaftskrise wurden bisher nicht annähernd die entsprechenden Lehren gezogen, um vom Fokus auf Einzel- und Gruppeninteressen hin zu mehr Gemeinwohlorientierung zu gelangen, erklärte der Theologe und Wirtschaftswissenschafter Markus Schlagnitweit am Donnerstag, 2. September 2010.

Es gelte die vielfältigen Formen einer Solidarökonomie zu fördern und für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. In der Zivilgesellschaft tue sich hier bereits viel, doch das zunehmende Unbehagen an einer Art des Wirtschaftens, die im Herbst 2008 in eine weltweite Sackgasse führte, habe sich noch nicht in den Führungsetagen von Großkonzernen niedergeschlagen, so Schlagnitweit.

 

Kooperation statt Konkurrenz

Der langjährige Mitarbeiter der Katholischen Sozialakademie (ksoe) referierte bei den Theologischen Sommertagen des Katholischen Bildungswerkes der Erzdiözese Wien. Die Tagung vom 30. August bis 1. September in Groß-Enzersdorf stand unter dem Motto "Kooperation statt Konkurrenz. Solidarisches Wirtschaften als Antwort auf Finanz- und Wirtschaftskrise".

Nach den Worten Schlagnitweits wäre die katholische Soziallehre ein bestens geeigneter Ausgangspunkt für eine Korrektur bestehender Einseitigkeiten. Seien vor der politischen Wende des Jahres 1989 angesichts der kommunistischen Planwirtschaft noch die Soziallehre-Prinzipien Personalität und Subsidiarität zu kurz gekommen, so kämen seither tendenziell die Grundsätze Solidarität und Gemeinwohl unter die Räder. Initiativen wie Regionalwährungen und Tauschkreise, Volksküchen und Vertriebsgenossenschaften würden hier im Kleinen die richtigen Akzente setzen.

 

"Wir befinden uns in einer Dauerkrise"

Dass die Wirtschaftskrise nicht mit herkömmlichen Wirtschaftskonzepten überwunden werden kann, betonte auch der Wirtschaftsethiker und Ordinarius am Institut für internationales Management der Universität Graz, Bernhard Mark-Ungericht, in seinem Vortrag. Es brauche neue Alternativen von Kooperation. Denn in den vergangenen 30 Jahren habe sich die öffentliche Wahrnehmung dahingehend verschoben, als ob Wettbewerb alleiniger Zweck allen Wirtschaftens sei, kritisierte Mark-Ungericht. Trotz aller Dramatik sei es noch nicht zu Systemkorrekturen gekommen. Dass die nächste Wirtschaftskrise deshalb schon vorprogrammiert ist, könne man freilich auch nicht sagen, denn: "Letztlich befinden wir uns in einer Dauerkrise."

Das den kapitalistischen Theorien zugrundeliegende Menschenbild des "Homo Oeconomicus", dem es ohne Rücksicht auf andere nur um den eigenen maximalen Nutzen und Profit geht, sei grundlegend falsch, so Mark-Ungericht. Das würden auch neueste Ansätze in der neurobiologischen Forschung zeigen. Ständiger Wettbewerb und Konkurrenz mache psychisch krank. Der Mensch sei von seinem Wesen her vielmehr auf Gemeinschaft ausgerichtet.

 

Ethik in der Ausbildung

Scharf kritisierte der Wirtschaftsethiker auch die Ausbildung der wirtschaftlichen Führungsschicht. Ethischen Fragestellungen werde in der universitären Ausbildung noch viel zu wenig Beachtung geschenkt. Mark-Ungericht verwies auf Studien, wonach am Beginn der universitären Ausbildung alle Studenten in etwa das gleiche Wertesystem hätten. Schon nach zwei Semestern würde sich dieses aber bei vielen Wirtschaftsstudenten teils drastisch verändern.

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